29. August 2019 – Katharina Bente (deaktiviert)

Unwetterrisiko

Experten warnen: Extremwetter auf dem Vormarsch

Die Bilder aus dem Sommer 2017 hat wohl jeder noch vor Augen: sintflutartige Regenfälle verwandelten Flüsschen in reißende Ströme, setzten Keller und ganze Straßenzüge unter Wasser.

Blitze Gewitter.jpg
Foto: devmarya - stock.adobe.com

Bayern, Berlin, Niedersachsen hatte es besonders schlimm erwischt. Experten warnen: Das waren nicht die letzten Unwetterkatastrophen in unseren Breiten, im Gegenteil. Extremwetter ist auf dem Vormarsch!

Swiss Life Select: Deutsche unterschätzen Gefahren

Das Fatale daran: Noch immer unterschätzen viele Deutsche die Gefahren durch Extremwetter, wie der Finanzdienstleister Swiss Life Select in seinen Unternehmensblog schreibt. Demnach halten es 54 Prozent der Deutschen für "nicht wahrscheinlich" oder "eher nicht wahrscheinlich", dass ihr Eigentum durch Starkregenschäden in Mitleidenschaft gezogen werden könnte. 76 Prozent äußern dieselbe Sorglosigkeit über mögliche Hochwasserschäden, 67 Prozent über Rückstauschäden durch überlaufende Kanalisationssysteme. Die Zahlen stammen aus einer repräsentativen Befragung von Swiss Life, dem Mutterkonzern von Swiss Life Select.

Die Sorglosigkeit vieler Bürger steht im krassen Missverhältnis zu den neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen. Fachleute des Deutschen Klima-Konsortiums bezeichneten die Überschwemmungen und Stürme der jüngsten Vergangenheit bereits 2016 als "Vorboten" ähnlicher Wetterphänomene und prognostizierten speziell "eine Zunahme von Starkregen auslösenden Wetterlagen". Und: Immer häufiger traten die Fluten zuletzt an Orten auf, wo man sie nicht erwartet hätte, wie der Präsident des Bundesamtes für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK), Christoph Unger, der Deutschen Presse-Agentur sagte.

Umweltschutzorganisation: Schäden gehen in die Milliarden

Der Blogbeitrag von Swiss Life Select bestätigt diese Einschätzung. Laut Swiss Life Select fallen mittlerweile fast 95 Prozent der schlimmsten Verwüstungen in Regionen an, die eigentlich nicht als besonders gefährdet gelten. Die Schäden sind schon jetzt enorm: Die Umweltschutzorganisation Germanwatch hat für 2016 eine deutschlandweite Schadenssumme von rund 3,5 Milliarden Euro errechnet. Im jüngsten Klima-Risiko-Index der Organisation landet Deutschland damit auf dem 42. Platz – nach Position 64 im vorangegangenen Index ein gewaltiger Sprung nach vorn. Der langfristig angelegte Germanwatch-Index führt Deutschland unter den Industrienationen sogar als eines der am stärksten betroffenen Länder. Als Grund für die weltweite Zunahme von verheerenden Stürmen und Hochwasser wird von immer mehr Wissenschaftlern der globale Klimawandel genannt.

Hauptursache für Extremwetter sind offenbar Treibhausgase

So erklären die Autoren des aktuellen Jahresberichts der Weltorganisation für Meteorologie (WMO) die Vielzahl extremer Wetterphänomene hauptsächlich als Folge des Ausstoßes von Treibhausgasen wie Kohlendioxid, Kohlenstoffmonoxid und Methan. Vor allem der Kohlendioxid-Anteil in der Atmosphäre stelle immer neue Rekorde auf, so WMO-Präsident Petteri Taalas bei der Präsentation des Berichtes in Genf. Die computergestützte Auswertung von Langzeitdaten zeige einen klaren Zusammenhang zwischen menschengemachtem Klimawandel und Extremwetter. Eine der gravierendsten Folgen des Klimawandels, die Überhitzung der Weltmeere, wird laut WMO-Jahresbericht vermutlich sogar noch drastischer verlaufen als bisher angenommen.

Fachleute mahnen mehr Eigenvorsorge an

Was die Erwärmung von Luft und Wasser konkret für unsere Breiten bedeutet, erforscht seit Jahrzehnten der Kieler Meteorologe Mojib Latif. Er weist darauf hin, dass die Durchschnittstemperatur in Deutschland in den vergangenen 135 Jahren um rund 1,4 Grad gestiegen ist. Was sich nach einer Winzigkeit anhört, hat erhebliche Konsequenzen: "Bei einer Erwärmung von einem Grad können sieben Prozent mehr Wasser von der Luft aufgenommen werden", so Latif im Interview mit der Oldenburger "Nordwest-Zeitung". Wie ein Schwamm würden sich Tiefdruckgebiete etwa über dem Mittelmeer immer stärker mit Wasser vollsaugen, um später riesige Regenmengen über Ost- und Mitteleuropa abzulassen.

Die Folgen bekamen die Menschen in Deutschland jüngst bei den Überschwemmungen und Stürmen 2017 zu spüren – und seien es nur die finanziellen Konsequenzen gewesen. Die Kosten beispielsweise für einen vollgelaufenen Keller beziffert Swiss Life Select im Durchschnitt auf circa 7.000 Euro, die für ein abgedecktes Dach auf 10.000 Euro. Laut Paul Becker, Vizepräsident des Deutschen Wetterdienstes, kommen die Deutschen künftig um mehr Eigenvorsorge nicht herum, was auch einen angemessenen Versicherungsschutz beinhalte.

undefined
Antenne Niedersachsen
Audiothek