13. Januar 2020 –
Jeder von uns kann Opfer von Hasskommentaren im Internet, Hetze oder Drohungen werden. Wir haben Tipps für euch, wie ihr euch in solchen Fällen verhalten könnt.
Immer mehr unserer Dorf-Politiker werden Opfer von Hass, Hetze und Drohungen - im Internet wie auch im Privaten. Mittlerweile soll sogar jeder zweite Ortsbürgermeister in Niedersachsen bedroht worden sein oder wird noch bedroht. Das hat eine Befragung des Städte- und Gemeindebunds unter den etwa 1.000 niedersächsischen Ortbürgermeistern ergeben.
"Die Anonymität im Netz bietet einen Nährboden für Hasskommentare oder sogar Morddrohungen, die sich immer wieder gegen Repräsentanten des Staates oder Ehrenamtliche richten", berichtet Thomas Ring, Polizeipräsident der Polizeidirektion Lüneburg. Doch nicht nur Amtsinhaber werden Opfer von Hass. Es kann jeden treffen.
1. Tipps bei Hasskommentaren und Beleidigungen im Internet
"Wir erleben seit Jahren eine zunehmende Verrohung unserer Gesellschaft, was die Sprache betrifft. Und das spiegelt sich insbesondere in menschenverachtenden Äußerungen im Internet wider", erklärt Thomas Ring. "Sei es in den Kommentarbereichen der sozialen Medien, den Onlineauftritten von Medienhäusern, in Chats oder in E-Mails."
Wenn ihr über euch selbst Hasskommentare oder beleidigende Äußerungen im Netz lesen solltet, heißt es erst einmal: Ruhe bewahren. Handelt in keinem Fall unüberlegt. Ihr habt in den sozialen Medien die Möglichkeit, entsprechende Bemerkungen oder User innerhalb des sozialen Netzwerkes, in dem die Äußerung getätigt wurde, zu melden. Die Unternehmen sind dazu verpflichtet dieser Meldung nachzugehen und die Kommentare bei strafrechtlichen Hintergründen innerhalb einer gewissen Zeitspanne zu löschen.
Wichtig ist es, jegliche Beweise über Hasskommentare oder Drohungen zu sichern - auch wenn es schwer fallen mag. Macht Screenshots der Kommentare und speichert sie. So könnt ihr den Vorfall genau belegen.
Die schnellste Variante ist, die entsprechenden Kommentare zu löschen. Das geht allerdings nur, wenn die Hasskommentare als Posts oder Kommentare auf eurem eigenen Social Media-Profil stehen. Sobald ihr auf einer anderen als eurer eigenen Seite beleidigt werdet oder Hasskommentare erhaltet, könnt ihr diese nicht mehr löschen.
Außerdem solltet ihr nicht auf die Provokation der Personen eingehen, die die Kommentare verfasst haben. In den sozialen Medien werden diese Personen auch häufig als "Hater" bezeichnet. Sobald ihr auf die Kommentare reagiert, bietet ihr den Verfassern neue Möglichkeiten: Sie können eure Reaktion für sich selbst nutzen, z.B. für weitere Hasskommentare oder um ihrer Wut und ihrem Hass (häufig auch als "Hate" bezeichnet) weiter freien Lauf zu lassen.
Es gilt also: Haltet euch zu Beginn erst einmal bedeckt. Solltet ihr auf die Kommentare antworten, argumentiert immer sachlich.
Die Bundesregierung hatte 2019 ein Maßnahmenpaket gegen Hass und Rechtsextremismus im Internet beschlossen. Morddrohungen und Volksverhetzung sollen soziale Netzwerke wie Facebook künftig dem Bundeskriminalamt melden müssen. Derzeit müssen die Anbieter solche Inhalte nur löschen. Zudem will der Bund das Strafgesetzbuch um Regelungen zur Hasskriminalität ergänzen.
2. Wenn nach den Hasskommentaren Taten folgen
"Wenn man der Logik der Onlinehetze folgt, erkennt man die Kausalkette sehr genau: Von den Gedanken zu den Worten zu den Taten", erklärt Polizeidirektor Thomas Ring. "Es gibt immer mehr Taten, die noch keine Straftaten sind, sondern eher subtile Handlungen und Äußerungen wie z.B. 'Ich weiß, wo du wohnst' oder 'Ich weiß, wo deine Kinder zur Schule gehen', die uns Sorgen machen."
Möglicherweise bleibt es nicht bei den Hasskommentaren im Internet, sondern die Bedrohungen können sich im Privatleben fortsetzen und ihr findet z.B. einen Drohbrief im Briefkasten.
Grundsätzlich begeht niemand eine Straftat, wenn er anonym einen Brief an eine andere Person schreibt. Es kommt viel mehr auf den Inhalt des Briefes an. Enthält dieser Anspielungen auf Beleidigungen, Nötigungen, Drohungen oder üble Nachrede, solltet ihr die Polizei kontaktieren und Anzeige erstatten. Wichtig ist, dass ihr den Brief so gut es geht "spurenschonend" der Polizei übergebt. Am besten packt ihr den Brief und falls vorhanden auch den Briefumschlag in eine separate Hülle, um mögliche Fingerabdrücke nicht zu verwischen.
3. Ab wann wird eine Drohung zur Straftat?
Im Strafgesetzbuch wird eine Bedrohung wie folgt definiert:
§ 241
Bedrohung
(1) Wer einen Menschen mit der Begehung eines gegen ihn oder eine ihm nahestehende Person gerichteten Verbrechens bedroht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft.
(2) Ebenso wird bestraft, wer wider besseres Wissen einem Menschen vortäuscht, dass die Verwirklichung eines gegen ihn oder eine ihm nahestehende Person gerichteten Verbrechens bevorstehe.
Heißt vereinfacht gesagt: Wenn man inhaltlich in der Bedrohung, egal ob per Telefon, Brief oder persönlich, dem Menschen selbst oder einer dessen nahestehenden Person mit der Begehung eines Verbrechens, also einem schwerwiegenden Verstoß gegen die Rechtsordnung, droht, wird die Bedrohung zur Straftat und kann rechtliche Konsequenzen nach sich ziehen.
Bei dem Verbrechen könnte es sich beispielsweise darum handeln, jemandem zu drohen ihn umzubringen oder Brandstiftung vorzunehmen.
4. Anlaufstellen
Seid ihr Opfer von Hasskommentaren, Drohungen oder sogar einer Straftat geworden, gibt es mehrere Anlaufstellen:
5. Hintergrund
2018 erfasste die Polizei 1.472 strafbare Hasspostings. Rund 77 Prozent dieser Postings lassen sich dem rechtsradikalen Spektrum zuordnen und fallen in den Bereich "Politisch motivierte Kriminalität rechts" (PMK rechts). Rund 9 Prozent sind dem linksradikalen Spektrum zuzuordnen. Die restlichen 14 Prozent sind ausländischen oder religiösen Ideologien bzw. gar nicht zuzuordnen. Das teilte das Bundeskriminalamt (BKA) am 06. Juni 2019 über einen Tweet mit.
Laut BKA ist die Zahl der polizeilich registrierten Hasspostings 2018 im Vergleich zu 2017 um 35 Prozent zurückgegangen. Allerdings handelt es sich bei den polizeilich registrierten Hasskommentaren um die Kommentare im sogenannnten Hellfeld. Wie groß das Dunkelfeld der Hasskommentare im Netz ist, ist nicht abschätzbar.