11. Januar 2021 –
Schreckschusspistolen sehen aus wie echte Schusswaffen und können schwere Verletzungen verursachen. Dass zunehmend mehr Menschen die Berechtigung haben, eine solche Waffe in der Öffentlichkeit zu tragen, sehen Politik und Polizeigewerkschaft mit Sorge.
Die Zahl der Menschen mit Kleinem Waffenschein ist in Niedersachsen weiter gestiegen. Wie das Innenministerium auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur mitteilte, hatten Anfang Dezember 2020 knapp 70 900 Frauen und Männer eine Berechtigung für Schreckschusswaffen. Das waren knapp sieben Prozent mehr als im Jahr 2019. "Dass immer mehr Menschen im Besitz von sogenannten SRS-Waffen sind, besorgt mich", sagte Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius (SPD). Die Abkürzung SRS steht für Schreckschuss-, Reizstoff- und Signalwaffen. "Die Gefahren, die von diesen Waffen ausgehen, sind enorm", so der Minister. Er verwies darauf, dass der unsachgemäße Gebrauch lebensgefährlich sein könne.
Für den Kauf und Besitz von Schreckschuss-, Reizstoff- und Signalwaffen braucht es keine besondere Erlaubnis, der Käufer oder die Käuferin muss nur volljährig sein. Wer die Waffe in der Öffentlichkeit mit sich führen möchte, braucht einen Kleinen Waffenschein. Er gilt nur für Schreckschuss-, Reizstoff- und Signalwaffen. Die Pistolen, die aussehen wie echte Waffen, werden zur Abschreckung und Notwehr verkauft. Für manche jungen Männer sind sie ein Statussymbol.
Zahl der Besitzer von Kleinem Waffenschein stark erhöht
Nach einer Statistik des Innenministeriums hat sich die Zahl der Menschen mit Kleinem Waffenschein seit dem Jahr 2014 stark erhöht. Damals gab es 24 178 solcher Berechtigungen in Niedersachsen. Von 2015 auf 2016 stieg die Zahl um rund 70 Prozent und kletterte danach weiter aufwärts. Anfang Dezember 2020 lag sie bei 70 899.
Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) Niedersachsen sieht die Entwicklung kritisch. "Die größte Gefahr dabei ist, dass Schreckschusswaffen äußerlich meist baugleich mit echten Schusswaffen sind, ein Unterschied ist augenscheinlich nicht zu erkennen", sagte der Landesvorsitzende Dietmar Schilff. "Das erschwert der Polizei die Arbeit enorm." Polizistinnen und Polizisten müssten immer davon ausgehen, dass es sich um eine echte Schusswaffe handele. Zudem könnten auch Gas-, Schreckschuss- oder Signalwaffen schwere Verletzungen verursachen, wenn sie aus nächster Nähe auf einen Menschen gerichtet würden.
Nach den Erkenntnissen der Polizeigewerkschaft sind Verunsicherung und Imponiergehabe die Gründe, warum viele Menschen den Kleinen Waffenschein beantragen. "Unsere Kolleginnen und Kollegen haben immer wieder mit Anscheinswaffen zu tun, insbesondere auch mit Softair-Waffen", berichtete Schilff. "Meistens sind es junge Leute, die damit hantieren und imponieren wollen. Gefährlich daran ist, dass erfahrungsgemäß Auseinandersetzungen gerade dann eskalieren können, wenn eine Waffe mitgeführt wird."
(dpa)