21. Oktober 2021 – Dominic Schmidt (deaktiviert)
Der erste Herbststurm schüttelt den Nordwesten ordentlich durch - auf dem Brocken im Harz sogar mit Orkanstärke. Größere Schäden gibt es zunächst nicht. Meteorologen geben aber noch keine Entwarnung.
Das Tief "Ignatz" bringt am Donnerstag heftige Sturmböen nach Niedersachsen. Der Deutsche Wetterdienst (DWD) rechnet mit Windstärken von 100 bis 105 Kilometern die Stunde aus westlicher Richtung. Auch kurzlebige Tornados seien nicht völlig auszuschließen. Dazu gibt es laut DWD immer wieder Schauer und stellenweise Gewitter. Die Temperaturen erreichen etwa 12 Grad im Norden und bis zu 16 Grad im Harz.
Den Lagezentren der Polizei lagen am Donnerstagmorgen zunächst keine größeren Schadensmeldungen vor. Vereinzelt seien Bäume auf die Straße gefallen, hieß es etwa aus Osnabrück. Am Mittwochabend war in Delmenhorst ein Mann von einem herabstürzenden Ast getroffen, aber nur leicht verletzt worden, teilte die Polizei mit.
Sturm trifft Niedersachsen mit bis zu 90 Stundenkilometern
Der erste kräftigere Herbststurm hat Niedersachsen und Bremen mit teils schweren Sturmböen erreicht. Vor allem im Harz seien bereits reihenweise Bäume umgeknickt, einige fielen auf Straßen, sagte Friedhart Knolle vom Nationalpark Harz am Donnerstagvormittag. "Jetzt in den Wald zu gehen, ist absolut unverantwortlich. Auch wenn der Sturm abgeflaut ist, dann können Bäume noch jederzeit umfallen", warnte Knolle. Berichte über Verletzte oder größere Schäden gab es zunächst nicht.
Auf der Nordseeinsel Spiekeroog und in Hameln (Landkreis Hameln-Pyrmont) registrierte der Deutsche Wetterdienst die bislang höchsten Windgeschwindigkeiten in Niedersachsen am Donnerstagmorgen von rund 90 Stundenkilometern. Im Harz, etwa in Braunlage wurden Böen mit 85 Stundenkilometern gemessen. Auf dem höchsten Berg Norddeutschlands, dem Brocken in Sachsen-Anhalt, erreichte der Sturm sogar Orkanstärke. Dort wurden am Donnerstagmorgen Böen mit bis zu 147 Stundenkilometern gemessen.
Auf dem Brocken sei die Lage bereits am Mittwoch dramatisch gewesen, sagte Knolle. Besonders Touristen seien unverantwortlich gewesen. Bilder vom Gipfel zeigten demnach Kinder, die dort herumwirbelten und sich nicht mehr hätten halten können sowie Erwachsene mit Kinderwagen. "Das ist absolut unverantwortlich. Sowas kann schnell zu Toten führen", sagte Knolle.
Durch den Sturm bedingt werden in der Stadt Hannover vorsichtshalber Parks geschlossen und in Osnabrück am Donnerstag der Zoo geschlossen.
In Hamburg musste die Feuerwehr in den frühen Morgenstunden rund 20 Mal ausrücken. In Wolfsburg stürzte wegen des Sturms ein Baum auf zwei geparkte Autos, wie die Polizei mitteilte. Eine 20 Jahre alte Autofahrerin hatte dabei den Beamten zufolge großes Glück. Der Baum verfehlte demnach die Frau nur um wenige Zentimeter, als diese gerade aus ihrem Auto stieg. Ein Ast traf die Frau aber am Kopf - sie kam in eine Klinik.
Auch in und um Göttingen, Hannover und Oldenburg waren Feuerwehren wegen des Sturmtiefs im Einsatz. Bei fast allen Einsätzen gehe es darum, Bäume von den Straßen zu räumen, sagte ein Sprecher der Feuerwehr in Göttingen. Dort wurden in Stadt und Kreis bis zum Mittag 56 Sturm-Einsätze registriert. Die Regionalleitstelle Hannover meldete bis zum Vormittag in der gesamten Region Hannover 25 sturmbedingte Einsätze.
Laut Wetterdienst muss noch mindestens bis zum Donnerstagabend im Binnenland mit teils schweren Sturmböen gerechnet werden. "Das Hauptsturmfeld ist nun schon nach Osten abgezogen, Richtung Mecklenburg-Vorpommern und Ostsee raus. Es bleibt aber stürmisch, sagte DWD-Meteorologe Karsten Kürbis. Für die Nordsee werde der Sturm am Freitag noch einmal zunehmen. "Da erwarten wir morgen erst den Höhepunkt des Windes." Für den Herbststurm seien insgesamt mehrere Tiefdruckgebiete verantwortlich. Mittlerweile habe Sturmtief "Hendrik" das Sturmtief "Ignatz" abgelöst, sagte Kürbis.
Auf den Straßen bietet der Sturm besondere Vorsicht, wie Antenne Niedersachsen-Hörer Andreas aus Brockdorf weiß, der selbst mit dem LKW unterwegs ist: "Bitte fahrt mit viel Abstand an uns vorbei. Wir haben eine große Segelfläche. Wenn der Wind dann schnell von der Seite kommt, gehen wir schon einmal einen Meter nach links oder rechts."
Außerdem kam es in Niedersachsen mehrfach zu Einsätzen wegen umgeknickter Bäume auf der A2 bei Hannover, der A28 im Ammerland und der A29 in Südoldenburg.
Neben dem Straßenverkehr ist auch der Schienenverkehr durch "Ignatz" betroffen:
So ist der Regionalexpress von Hannover nach Norddeich und von Hannover nach Bremerhaven eingeschränkt. Weitere Probleme gibt es auch bei den S-Bahnlinien rund um Hannover, bei den Verbindungen zwischen Hamburg, Kiel und Flensburg und auf den Strecken der Privatbahn erixx im Heidekreuz und Harz. Grund dafür sind umgeknickte Bäume und Äste im Gleis.
In Folge des Sturms kommt es laut einer Bahnsprecherin auch in Niedersachsen im Fernverkehr zu Zugausfällen. Grund ist demnach, dass die Bahn den Fernverkehr nach Sturmschäden in Nordrhein-Westfalen zwischenzeitlich einstellte. Züge, die etwa aus NRW über Hannover nach Berlin verkehren, fahren daher nicht, sagte die Sprecherin.
An der Küste lief der Fährverkehr weitgehend uneingeschränkt. Einzelne Fährverbindungen fielen wegen erwarteter höherer Wasserstände am Mittag aus - etwa zwischen Wangerooge und Harlesiel sowie zwischen Langeoog und Bensersiel, wie die Fährgesellschaften mitteilten. Zu den Inseln Norderney und Juist fielen die kleineren Schnellfähren aus.
(mit Material der dpa)