31. August 2021 –
Schafhalter bauen hohe Zäune und halten sich Herdenschutzhunde gegen Wölfe. Das allein reicht nicht, einige wollen aufgeben. Sie fordern ein anderes Wolfsmanagement. Der Nabu ist dagegen.
Mit immer höheren und sogar doppelten Zäunen sowie Herdenschutzhunden wehren sich Schafhalter in Niedersachsen gegen Übergriffe von Wölfen - allerdings oft vergeblich. "Herdenschutz ist utopisch. Ich kann nicht ewig den Wölfen davonlaufen, jeder Zaun ist schon überwunden worden", sagte Wendelin Schmücker, Vorsitzender des Fördervereins der Deutschen Schafhaltung.
Als Wanderschäfer hat er 2018 im Landkreis Lüneburg nach eigenen Angaben 28 Tiere verloren, den Ort der Risse meidet er seitdem. "Ich baue jeden Tag Zäune auf, wenn ich auf Wanderschaft bin", berichtete Schmücker aus Winsen an der Luhe im Landkreis Harburg und rechnete die hohen Kosten für die unter Strom stehenden Zäune vor.
Der Standardhöhe liege bei 90 Zentimetern, koste für 50 Meter schon 60 Euro, dabei werden in der Regel 12 bis 24 Abschnitte gebraucht, wenn er unterwegs ist. Zudem komme er an den Rand der körperlichen Belastbarkeit: "Das ist ein Knochenjob."
Deichschäfer Kay Krogmann gibt Ende des Jahres den Familienbetrieb bei Cuxhaven auf. Wolfsrisse haben den 41-Jährigen mürbe gemacht. Weder Zäune noch Kameras oder Esel hielten den Wolf ab, Hunde will er wegen der vielen Touristen an der Nordseeküste nicht anschaffen. Krogmann wünscht sich eine Regulierung des Wolfsbestandes.
Herdenschutz zeige Wirkung
Auch Niedersachsens Umweltminister Olaf Lies (SPD) ist für eine Obergrenze. Benötigt werde ein Grenzwert, bis zu welcher Zahl der Wolf in der Kulturlandschaft akzeptiert werde. Liege die Zahl über der Akzeptanzgrenze, müsse der Bestand reguliert werden. Im vergangenen Jahr wurden in Niedersachsen 1477 Nutztiere durch Wölfe gerissen. Inzwischen leben 38 Rudel im Land, im Jahr 2017 waren es laut Lies noch zehn Rudel. Der Nabu ist gegen den Abschuss: Herdenschutz wirke sich langfristig aus. In Gegenden, in denen der Wolf länger präsent sei und in denen bereits seit längerem Herdenschutz betrieben werde, gingen die Risszahlen nachweisbar zurück.
"Der Druck in Niedersachsen ist hoch. Früher hatten wir keine Wölfe, jetzt gehen sie schon an Rinder und Pferde", sagt Adolf Schmücker, der seine Schäferei an den Sohn übergeben hat. Wenn der Bestand nicht reguliert werde, sei die Schafhaltung dahin, meint der 81-Jährige. Bisher haben die Schmückers noch keinen Zuschuss für die Zäune in Anspruch genommen. Dafür müsse man sich für fünf Jahre verpflichten, den Betrieb weiterzuführen. Das Risiko war ihnen bisher zu groß.
(dpa)