07. September 2020 –
In einem Gerichtssaal müssen viele Menschen Platz finden: Richter, Staatsanwälte, Angeklagte, Verteidiger und Publikum. Durch die Corona-Pandemie ist das schwierig. Die Justiz sucht nach kreativen Notlösungen.
In niedersächsischen Gerichten können wegen der Corona-Pandemie viele Sitzungssäle nicht genutzt werden: Weil der Mindestabstand eingehalten werden muss, sind sie zu klein für alle Prozessbeteiligten. Einige Gerichte mieten deshalb Säle außerhalb an. In Oldenburg wird Abhilfe geschaffen durch drei behelfsmäßige Säle in Containern. Sie stehen im Hof der früheren Justizvollzugsanstalt neben dem Landgericht. Zur Inbetriebnahme wird am Montag (13.30 Uhr) Justizministerin Barbara Havliza (CDU) erwartet.
Interesse der Öffentlichkeit stellt Problem dar
In Oldenburg seien drei von sechs Sälen für Strafprozesse nicht nutzbar unter den Corona-Regeln, sagte Landgerichtssprecher Torben Tölle. Probleme bereiten vor allem Prozesse mit mehreren Angeklagten, entsprechend vielen Anwälten und einem großen Interesse bei Zuschauern und Medien. Die drei Containersäle sind jeweils 54 Quadratmeter groß. In einem vierten Container können Zeugen und Sachverständige warten.
«Viele Gerichte haben kleinere Säle stillgelegt», sagte der Vorsitzende des Niedersächsischen Richterbundes, Frank Bornemann, der Deutschen Presse-Agentur. Ein Problem: «Wir können die Öffentlichkeit nur begrenzt zulassen.» Dabei ist Öffentlichkeit bei Verfahren einer der Eckpfeiler des deutschen Rechtssystems.
Stau bei der Aufnahme der Verfahren
Die Raumnot wegen Corona habe auch «einen gewissen Verfahrensstau geschaffen», sagte Bornemann. «Die sogenannten Sechsmonatsvorlagen sind zahlenmäßig explodiert.» Wenn ein Landgericht das Hauptverfahren nicht binnen sechs Monaten nach Festnahme des Angeklagten eröffnen kann, muss es das Oberlandesgericht um Fristverlängerung bitten.
Bornemann als Richter am OLG Celle sagte, in diesem Jahr habe es bereits 36 solche Anträge gegeben. Sonst seien es nur vier bis sieben im Jahr. Aber er sagt übereinstimmend mit dem Justizministerium, dass kein Prozess wegen der Corona-Einschränkungen geplatzt sei. Kein Angeklagter habe auf freien Fuß gesetzt werden müssen. Das Ministerium hat den Gerichten 2,4 Millionen Euro für Schutzwände, Masken, Handschuhe und andere Ausrüstung zur Verfügung gestellt.
Das Landgericht Verden halte seine großen Prozesse in der Stadthalle ab, sagte Sprecher Rouwen Seeberg. Die Halle stehe bis Ende des Jahres zur Verfügung. Am Landgericht Göttingen gibt es nach Angaben von Sprecher Marc Eggert keine Raumprobleme. Im dortigen Gerichtsbezirk hätten Amtsgerichte große Termine wie Zwangsversteigerungen in andere Räume verlegt.
(dpa)