30. Juni 2023 –

116 Straftaten angeklagt

Prozess wegen sexuellen Missbrauchs gegen Kinderheim-Erzieher beginnt

In einer Einrichtung im Landkreis Lüneburg soll ein Erzieher 20 Jahre lang Jungen sexuell missbraucht haben. Im Prozess am Landgericht geht es um mehr als Hundert Vorfälle.

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28.06.2023: "Kinderdor"“ steht an der Einfahrt zum Kinder- und Jugenddorf SALEM. Nach Bekanntwerden des Missbrauchs von Schutzbefohlenen in dem Kinderdorf beginnt vor der großen Jugendkammer des Landgerichts Lüneburg am 30. Juni der Prozess gegen einen 63-jährigen Erzieher., Foto: picture alliance/dpa

Gegen einen Erzieher eines Kinderdorfs beginnt am Freitag (9.00 Uhr) der Prozess wegen schwerer sexueller Übergriffe. Vor der großen Jugendkammer des Landgerichts Lüneburg wird gegen den 63-Jährigen wegen sexuellen Missbrauchs von Schutzbefohlenen und schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern verhandelt. Angeklagt sind 116 Straftaten an sechs Jungen im Alter von 7 bis 13 Jahren aus dem Zeitraum 1999 bis 2021.

Der Angeklagte soll die Taten im Zusammenhang mit seiner beruflichen Tätigkeit in einer stationären Kinder- und Jugendeinrichtung im Landkreis Lüneburg verübt haben. 2001 war er bereits angezeigt worden. Dieses Verfahren soll im Oktober 2002 von der Staatsanwaltschaft Lüneburg eingestellt worden sein. Im März 2003 wurde die Beschwerde des Anzeigeerstatters gegen die Einstellung von der Generalstaatsanwaltschaft in Celle zurückgewiesen.

2022 hatte sich dann wieder ein mutmaßlich betroffener Junge einem Mitarbeiter anvertraut. Der Erzieher war dann zunächst vom Dienst entbunden worden. Als sich der Verdacht erhärtete, sei ihm schriftlich gekündigt worden. Es wurde auch ein Haus- und Geländeverbot erteilt.

Nach Bekanntwerden des mutmaßlich hundertfachen Missbrauchs hatte das niedersächsische Sozialministerium einen Bericht der Heimaufsicht angefordert. Es solle eine intensive Auswertung vorgenommen werden. Die Vorgänge machten fassungslos, hieß es aus dem Ministerium. "Das Ziel muss der maximale Schutz von Kindern und Jugendlichen sein", betonte der Sprecher von Sozialminister Andreas Philippi.

Die Landesregierung habe unter anderem einen interministeriellen Arbeitskreis einberufen, um Gewalt gegen und Missbrauch von Kindern auf allen Ebenen wirksam einzudämmen. Die Oppositionsparteien im Landtag, CDU und AfD, hatten von der rot-grünen Landesregierung größere Anstrengungen beim Kinderschutz verlangt.

"Wir sind nach wie vor erschüttert von den Vorfällen und möchten alles dafür tun, dass sexuelle Gewalt verhindert wird, Betroffene Unterstützung erfahren und Täter zur Verantwortung gezogen werden", hatte ein Sprecher der Einrichtung nach Bekanntwerden der Vorwürfe gesagt.

(dpa)

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