24. November 2023 –
Fabian Sievers kehrte seinem Leben in Hannover den Rücken und wagte einen Neustart auf dem Land als Trüffelbauer. Dafür benötigte er Geduld - und seine beiden Hündinnen als Helferinnen.
Wenn Fabian Sievers den Hang seiner Trüffelplantage im Leinebergland hinaufgeht, ist er glücklich. An der Leine ziehen die elfjährige Woopee und die elf Monate alte Djuka. Die Hündinnen der Rasse Lagotto Romagnolo sind darauf trainiert, an den Wurzeln der Bäume die knolligen Edelpilze aufzuspüren. Die ältere Woopee gibt die ausgebuddelten Funde brav ab, während Djuka ihre aufgespürten Trüffel auch gern selbst verspeist. "Stopp, Djuka", ruft Sievers laut und fügt entschuldigend hinzu: "Bei ihr fehlt noch der Feinschliff. Das liegt an mir, ich muss mir mehr Zeit für die Ausbildung nehmen."
Der 51-Jährige hat vor ein paar Jahren sein altes Leben als Musiker und Lichtdesigner in Hannover hinter sich gelassen und ist jetzt Trüffelbauer. "In die Stadt zieht mich nichts mehr", sagt der große, schlanke Mann mit dem wettergegerbten Gesicht. "Weder die Menschen noch die Kneipen noch die Autos."
Stattdessen genieße er die Freiheit und Unabhängigkeit auf dem Land. Sievers wohnt in Alfeld im Landkreis Hildesheim. Unter anderem verkauft er Trüffelbäume, berät Kunden beim Anlegen von Trüffelplantagen und bietet Führungen auf seiner eigenen Plantage an.
Pioniere des heimischen Trüffelanbaus
Sievers gehört zu den Pionieren des heimischen Trüffelanbaus. Der knollige, aromatische Pilz, der an Baumwurzeln wächst, wird in einigen südeuropäischen Regionen seit Jahrzehnten kultiviert. In Deutschland war der 2004 gegründete Ahrtrüffelverein nach eigenen Angaben der erste, der 2006 eine Plantage anlegte.
Inzwischen geht der Trüffelverband von bundesweit etwa 700 Anbauern aus, die auf rund 600 Hektar den Edelpilz kultivieren. In Niedersachsen waren nach Angaben der Landwirtschaftskammer in Oldenburg zuletzt knapp zehn Hektar für den Trüffelanbau angemeldet. Es dürfte daher eher zunächst ein Liebhaber- beziehungsweise Nischenprodukt bleiben, meint ein Kammersprecher.
Ihm gehe es nicht in erster Linie ums Geld, sagt Sievers. Vielmehr möchte er für die Trüffel als hochwertiges regionales Produkt Werbung machen. Dafür benötigte er einen langen Atem. Bereits 2012 pflanzte er rund 1000 Bäume, etwa 750 von ihnen waren mit Sporen von heimischen Burgundertrüffeln geimpft. 2019 erntete er die ersten Knollen. 2022 sei wegen der anhaltenden Trockenheit ein katastrophales Jahr gewesen, erzählt Sievers, während er seine treue Helferin Woopee tätschelt. Nun ist der Landwirt happy: "2023 ist das mit Abstand das beste Trüffeljahr."
Trüffel als Beitrag zum Tourismus
Der Trüffelbauer verkauft seine Pilze bei Führungen oder nach Verabredung - einen Versandhandel will er nicht starten. Ins Geschäft kam er bereits mit einem Restaurant in Kassel und einer Produzentin von Trüffelöl und Trüffelbutter. Seine Vision ist, mit dem Edelpilz auch einen Beitrag zum Tourismus zu leisten: Alfeld und das Leinebergland als Trüffelregion. Schließlich gebe es auch Trüffelreisen in die italienische Region Piemont oder in das französische Périgord.
Mit seiner Leidenschaft für den Trüffelanbau ist Sievers nicht allein in Niedersachsen. Tassilo Pöter bewirtschaftet gemeinsam mit seiner Frau seit drei Jahren mehrere Flächen unter anderem in den Landkreisen Osnabrück und Hildesheim. Insgesamt sind es drei Hektar. "Dieses Jahr war ein Rekordjahr, wir haben bisher ungefähr 50 Kilo Trüffel geerntet", berichtet der Gründer von Teuto Trüffel im nordrhein-westfälischen Lienen. Allerdings hätten nicht alle Pilze Verkaufsqualität.
Egon Janssen betreibt in dem Dorf Drüber (Landkreis Northeim) eine 1,7 Hektar große Trüffelplantage und berät Anbauer. Wichtig sei, dass die Flächen, auf denen man den Edelpilz kultivieren möchte, eine gute Wasserspeicherfähigkeit hätten, sagt der Gründer der Agrar Trüffel GmbH. Kalk könne man auch zuführen, erklärt der studierte Landwirt und promovierte Bodenkundler.
Nach Angaben des Trüffelverbands ist ein kalkhaltiger Boden ideal für den Anbau - etwa im Oberrheingraben, in Franken oder auf der schwäbischen Alb. Das Leinebergland sei ebenfalls ein wichtiges Anbaugebiet. Trüffel könnten aber auch auf Kreide wachsen, zum Beispiel auf der Ostsee-Insel Rügen. "Italien und Frankreich haben mit mangelnden Niederschlägen als Folge des Klimawandels stark schwankende Ernten", sagt Markus Mayer, Leiter der Geschäftsstelle des Trüffelverbands. In diesem Punkt sei Deutschland deutlich im Vorteil.
(dpa)