03. Februar 2023 –
Die besten Kaninchenzüchter Deutschlands kommen aus Ostfriesland: Der Rassekaninchenzuchtverein I 47 Moormerland ist bei einem Wettbewerb unter mehr als 100 Vereinen mit dem Meistertitel ausgezeichnet worden - es ist auch nicht der einzige Sieg, der nach Ostfriesland geht.
Für eine feine Teekultur ist Ostfriesland bekannt, für das artenreiche Unesco-Weltnaturerbe Wattenmeer auch - nun kommt noch eine Auszeichnung dazu: Die besten Kaninchenzüchter Deutschlands sind Ostfriesen - genauer gesagt die rund 70 Vereinsmitglieder des Rassekaninchenzuchtvereins I 47 Moormerland im Landkreis Leer. Erstmals wurde bei der 35. Bundes-Kaninchenschau vergangene Woche in Kassel ein deutscher Vereinsmeister gesucht. Die Preisrichter sahen die Moormerländer Mümmler im Wettbewerb an der Spitze.
Gerechnet habe man mit der Auszeichnung nicht, sagt Thorsten Tuchscheerer, zweiter Vorsitzender des Vereins - die Freude sei nun aber umso größer. Neben dem Preisgeld von 300 Euro sei der Titel vor allem Anerkennung für die geleistete Arbeit. Der Vereinsgedanke werde bei dem Moormerländer Verein, der im nächsten Jahr auf sein 50-jähriges Bestehen blickt, gelebt, sagt er. «Es ist wirklich eine sogenannte kleine Züchterfamilie.» Der eine helfe dem anderen und jeder freue sich auch für den anderen, sagt Tuchscheerer.
Dass von allen Zuchtvereinen, die es in Deutschland gibt, nun der beste aus der rund 24 000 Einwohner zählenden Gemeinde Moormerland komme, macht auch Bürgermeister Hendrik Schulz stolz. Der Titel belege, wie viel Herzblut in die Vereinsarbeit gesteckt werde, sagt er. «Das sind ja nicht nur die Menschen, die das Ganze leben, sondern es sind auch die Kaninchen, die aufgezogen werden, die mit Liebe behandelt werden, denn ansonsten kann so etwas gar nicht passieren.»
Als Geschenk für die prämierten Langohren überreichte der Bürgermeister bei einer Feierstunde im Vereinsheim ein Bund Möhren. «Die müssen ja gut versorgt werden, damit dann ja vielleicht nächstes Jahr die Titelverteidigung gelingt», sagt Schulz.
Insgesamt 104 Vereine gingen ins Rennen um den Titel des deutschen Vereinsmeisters. Dafür mussten die Vereine jeweils 16 Tiere aus ihren Vereinsreihen vorab zur Bewertung auswählen und melden. «Die Züchter sollten selbst entscheiden, welche Tiere ihrer Meinung nach am besten sind», sagt Wolfgang Elias, Sprecher des Zentralverbandes Deutscher Rasse-Kaninchenzüchter. Der Verband richtete die Schau aus.
Bei der Bewertung achteten die Preisrichter auf festgelegte Kriterien. Wie ist das Gewicht, die Körperform, die Fellfarbe und die Fellzeichnung der Tiere? Mit maximal 100 Punkten kann ein Tier bewertet werden. «Das hat aber noch kein Tier geschafft», sagt Elias. «Kein Mensch ist vollkommen und kein Tier ist vollkommen.»
Die Moormerländer kamen laut Elias mit ihren 16 gewählten Kaninchen aber auf einen herausragenden Schnitt: 1550 Punkte reichten für den Meistertitel - also im Schnitt 96,87 Punkte pro Tier. «Das ist schon ein super Ergebnis», sagt Elias. Der zweitplatzierte Verein landete rund zwei Punkte dahinter. Insgesamt schafften es gleich vier Vereine aus dem Landesverband Weser-Ems unter die zehn besten Vereine.
Maßgeblich für den Meistertitel der Ostfriesen sei die Zucht von Sabine Eggeking, sagt Tuchscheerer. Die Züchterin aus Holtland räumte bei der Bundesschau noch weitere Preise ab: darunter etwa drei deutsche Meistertitel für die Rassen Deutscher Riese und Deutsche Widder. Ihr Rammler «Kelly» wurde zudem Bundessieger bei den Deutschen Riesen mit der Farbe dunkeleisengrau.
Die Leidenschaft für die Kaninchenzucht habe sie von ihrem kürzlich verstorbenen Vater übernommen, berichtet Eggeking. «Dieser Virus, der sitzt bei uns in der ganzen Familie drin. Der hat auch mich direkt getroffen.» Zusammen mit ihrem Vater hatte sie eine Zuchtgemeinschaft gegründet. Beenden wollte sie die erfolgreiche Zucht nach seinem Tod nicht. Für die Zucht habe sie sich viel Fachwissen angeeignet. Wurf für Wurf, Jahr für Jahr gehe es um die Weiterentwicklung der Rassen.
An dem Hobby und den Schauen gibt es allerdings auch Kritik von Tierschutzverbänden. Die Tierschutzorganisation Peta etwa kritisiert, dass Schauen die Besucher dazu verleiten, gezüchtete Tiere zu kaufen, während in Tierheimen viele auf ein neues Zuhause warteten.
Die Schauen seien an sich seien nicht verkehrt, sagt die Tierärztin Kirsten Tönnies vom Verband Tierärzte für verantwortbare Landwirtschaft. Denn erst durch den Kontakt mit lebenden Tieren entwickele sich auch Empathie. «Aber es muss um die Tiere an erster Stelle gehen und nicht um den Sieg.» Bei der Zucht komme es zudem auf die artgerechte Haltung der Tiere an, betont Tönnies. Kaninchen seien soziale Tiere, die Drang hätten sich zu bewegen, zu buddeln und zu nagen. Gerade solche Grundbedürfnisse verwehrten aber einige Züchter ihren Tieren, sagt die Tierärztin.
Die Gesundheit und das Wohlbefinden der Tiere sei das Wichtigste, erklärt Züchterin Eggeking. Damit sich die Kaninchen bei ihr wohlfühlen sei täglicher Kontakt, gutes Futter, eine passende Umgebung und sauberer Einstreu unverzichtbar. Denn wenn sich ein Tier wohlfühle, strahle es das auch aus. «Ich sehe zum Beispiel ein Kaninchen unheimlich gerne, wenn es ganz zufrieden irgendetwas mümmelt und mich selig dabei anguckt», sagt die Züchterin. «Dann bin ich schon glücklich.»
Ausruhen wollen sich die Ostfriesen auf ihrem deutschen Meistertitel übrigens nicht. «Jetzt heißt es, Richtung Titelverteidigung gucken. Die ersten Jungtiere sind im Nest», sagt Tuchscheerer. Die nächste Bundes-Kaninchenschau ist im Dezember in Leipzig geplant. Ob es dann aber auch wieder einen Wettbewerb um den deutschen Vereinstitel gibt, ist laut dem Zentralverband noch nicht entschieden.
(dpa)