20. Januar 2025 –

Anfragen für 1.000 Wohnungen eingegangen

Bestand an Sozialwohnungen bricht ein

Binnen acht Jahren hat sich die Zahl der Sozialwohnungen in Niedersachsen fast halbiert. Die rot-grüne Landesregierung will gegensteuern.

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19.03.2024: Neu gebaute Mehrfamilienhäuser stehen im Neubaugebiet Kronsrode., Foto: picture alliance/dpa

Auf dem Weg zu mehr bezahlbaren Wohnungen will Niedersachsens Landeswohnungsgesellschaft in Kürze die ersten Kaufverträge unterzeichnen. In diesem Jahr soll die Wohnraum Niedersachsen GmbH die Schaffung von rund 700 Wohnungen auf den Weg bringen, im kommenden Jahr sollen es 800 Wohnungen werden. Das teilte das Bauministerium auf Anfrage mit.

Bis April sollen demnach für drei Projekte mit insgesamt 185 Wohnungen die Kaufverträge abgeschlossen werden. Rund 150 Wohnungen davon sollen vom Land gefördert werden. Der Baubeginn wäre unmittelbar möglich, teilte das Ministerium mit, die Fertigstellungen seien bis Ende 2026 beziehungsweise Anfang 2027 geplant.

Anfragen für 1.000 Wohnungen eingegangen

Die Wohnraum Niedersachsen war im Dezember 2023 mit einem Startkapital von 100 Millionen Euro gegründet worden. Seit Mai 2024 hat sie mit Sylva Viebach eine Geschäftsführerin. Seither seien Anfragen und Projektangebote für rund 1.000 Neubauwohnungen aus ganz Niedersachsen eingegangen, die auf klassischem Wege derzeit keine Chance auf Realisierung hätten, hieß es.

Die Landeswohnungsgesellschaft war ein zentrales Wahlversprechen von SPD und Grünen vor der Landtagswahl 2022, um mehr günstige Wohnungen bauen zu können als zuletzt. Derzeit sind diese Mangelware, für viele wird es immer schwieriger, eine bezahlbare Wohnung zu finden.

Gesellschaft soll Neubau ankurbeln, statt Wohnungen anzukaufen

«Die Lage auf dem Wohnungsmarkt ist angespannter denn je», sagte Bauminister Olaf Lies (SPD) der Deutschen Presse-Agentur. Gleichzeitig stehe die Baubranche vor enormen Herausforderungen: hohe Material- und Energiepreise, die Zinswende, der Fachkräftemangel sowie die Anforderungen an die Kommunen bei der Unterbringung von Geflüchteten.

Die Wohnungsgesellschaft solle dem entgegenwirken, erklärte Lies. «Ziel ist es, zusätzlichen Wohnraum zu schaffen, denn nur ein höheres Angebot – also neue, zusätzliche Wohnungen – kann den Druck auf dem Wohnungsmarkt langfristig mindern.» Indem die Gesellschaft Projekte realisiere, die sonst keine Chance auf eine Umsetzung hätten, bringe sie mehr Stabilität in den Markt. «Gleichzeitig setzt sie einen Konjunkturimpuls für die Bauwirtschaft.»

Der Ankauf von geförderten und vermieteten Bestandswohnungen ist dagegen aktuell kein Teil der Geschäftsstrategie der Wohnraum Niedersachsen. Die Gesellschaft wird zudem bis auf Weiteres nicht selbst als Bauherrin aktiv.

Viele Sozialwohnungen werden nicht mehr gefördert

Die Zahl der Sozialwohnungen in Niedersachsen sinkt seit Jahren deutlich. Ende 2016 gab es landesweit noch mehr als 85.000 Wohnungen, die einer Belegungs- und Mietbindung unterliegen. Mitte 2024 waren es nur noch rund 50.000 Wohnungen.

Dabei bräuchte es nach Einschätzung des Bündnisses Soziales Wohnen viel mehr. Schon im Jahr 2022 fehlten nach dessen Berechnungen rund 100.000 Sozialwohnungen im Land. Dem Bündnis gehören unter anderem der Mieterbund, die Caritas und die Gewerkschaft IG BAU an.

CDU hält das Vorgehen für ungeeignet

Nach Ansicht der CDU im Landtag fällt auch die Zwischenbilanz der Landeswohnungsgesellschaft ernüchternd aus. «Keine einzige Wohnung wurde geplant, kein Wohnungsbau befindet sich in der Umsetzung, kein vorhandenes geplantes Projekt wurde von Dritten übernommen», sagte CDU-Fraktionschef Sebastian Lechner. «Die für die Anschubfinanzierung vorgesehenen 100 Millionen Euro hätten lieber den regionalen gemeinwohlorientierten Wohnungsgesellschaften zur Verfügung gestellt werden sollen, um genehmigte Projekte, die aktuell unwirtschaftlich sind, zu ermöglichen.»

Zudem müssten bürokratische Hürden abgebaut werden, forderte Lechner. «Wir benötigen CO2-Reduktionsziele für Neubau sowie Bestandsimmobilien und nicht immer schärfere, teurere Energiestandards.» Die CDU schlägt zudem vor, einen Teil der Grunderwerbssteuer für die erste selbstgenutzte Immobilie zu erstatten.

Die Landesregierung hat neben der Wohnungsgesellschaft auch noch andere Maßnahmen für mehr bezahlbaren Wohnraum ergriffen. Unter anderem hat sie die Zahl der Städte und Gemeinden, in denen die Mietpreisbremse angewendet werden kann, von 18 auf 57 ausgeweitet. Zudem wurde die Bauordnung entschlackt, um das Bauen schneller und günstiger zu machen.

Was den Neubau von Wohnungen verhindert

Dass baureife Projekte heute teilweise trotzdem nicht umgesetzt werden, hat laut Ministerium vielfältige Gründe. So wisse man von kommunalen und genossenschaftlichen Wohnungsunternehmen, dass diese ihr Geld und Personal zunehmend in die Sanierung ihres Bestands steckten, um Klimaziele zu erreichen. Private Wohnungsunternehmen hingegen setzten Neubauvorhaben nicht um, weil sich angesichts hoher Kosten in Verbindung mit gestiegenen Zinsen kaum noch Renditen erwirtschaften ließen.

Der Verband der Wohnungs- und Immobilienwirtschaft in Niedersachsen und Bremen forderte daher erst vor wenigen Tagen, etwa die Grunderwerbsteuer zu senken, um den Wohnungsbau anzukurbeln.

(dpa)

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