21. November 2025 – dpa
Seit dem Terroranschlag von Solingen steht Grünen-Flüchtlingsministerin Josefine Paul im Visier der Opposition. Die SPD sieht fehlende Verantwortungsbereitschaft bei ihr.
Nach der Lieferung neuer Akten für den Untersuchungsausschuss zum Terroranschlag von Solingen verstärkt die SPD-Opposition ihre Vorwürfe gegen NRW-Flüchtlingsministerin Josefine Paul (Grüne). Die stellvertretende SPD-Landtagsfraktionschefin Lisa-Kristin Kapteinat warf Paul nach dem islamistisch motivierten Anschlag vom 23. August 2024 mit drei Toten fehlende Verantwortungsbereitschaft vor und legte die Entlassung der Ministerin nahe.
Die SPD-Sprecherin im Solingen-Untersuchungsausschuss bezog sich mit ihrer Kritik auf eine interne Mail eines Ministeriums-Mitarbeiters mit ersten Informationen zu dem damals tatverdächtigen und inzwischen verurteilten Täter Issa al Hasan und dessen gescheiterter Abschiebung nach Bulgarien. Diese Mail wurde am Samstagabend - einen Tag nach dem Anschlag - an enge Mitarbeiter Pauls gesendet und zwei Minuten später an die Ministerin weitergeleitet. Paul befand sich zu dem Zeitpunkt wegen einer Gedenkfeier zum Zweiten Weltkrieg in Frankreich.
Erst am frühen Sonntagmorgen beantwortete Paul die Mail und bat um eine Beschreibung, warum derzeit keine Rückführungen nach Syrien stattfänden und was dafür getan werden müsse. Die Debatte werde ja «vermutlich eine weitere Dimension annehmen», schrieb Paul. Inzwischen war der tatverdächtige Syrer am späten Samstagabend in Solingen festgenommen worden.
Paul habe von Anfang an nur versucht, Fehler bei anderen und im System zu suchen, anstatt sich um Aufklärung zu kümmern und «der Frage nachzugehen, was in ihrem Zuständigkeitsbereich schiefgegangen sein könnte», erklärte Kapteinat.
Paul steht seit dem Anschlag 2024 wegen ihrer anfangs schleppenden Kommunikation in der Kritik. Erst vier Tage nach dem Messerangriff hatte sie sich erstmals öffentlich vor der Presse zu der asylrechtlichen Vorgeschichte des tatverdächtigen Syrers geäußert.
Paul hatte die Frankreich-Reise nach eigenen Angaben abgebrochen und sofort mit der Aufklärung des Sachverhalts begonnen, wie sie in einer Ausschuss-Sondersitzung im Landtag gesagt hatte.
Aus Telefonprotokollen geht hervor, dass sie bis zu einer digitalen Kabinetts-Sitzung an besagtem Sonntag nach dem Anschlag zeitweise nicht erreichbar war. So hatte sie weder auf eine morgendliche SMS-Nachricht von Innenminister Herbert Reul (CDU) reagiert noch auf Anrufe der Vize-Ministerpräsidentin Mona Neubaur (Grüne). Nach Angaben des Ministeriums hatte die Gedenkfeier keine Telefonate zugelassen. Sobald Paul ihre Rede in Frankreich beendet habe, sei sie nach Düsseldorf zurückgekehrt.
Am 23. August 2024 hatte der Syrer Issa al Hasan auf einem Stadtfest in Solingen drei Menschen mit einem Messer getötet und acht weitere verletzt. Die Terrorgruppe «Islamischer Staat» (IS) hatte den Anschlag für sich reklamiert. Al Hasan hätte bereits ein Jahr zuvor entsprechend den EU-Dublin-Regeln nach Bulgarien rückgeführt werden müssen. Ein Versuch war gescheitert, ein weiterer wurde nicht unternommen.
Das Düsseldorfer Oberlandesgericht verurteilte den 27-jährigen Syrer im vergangenen September zu lebenslanger Haft und anschließender Sicherungsverwahrung.