06. August 2020 –
Niedersachsen hält die von Nordrhein-Westfalen eingeführte Maskenpflicht auch während des Unterrichts an weiterführenden Schulen und Berufsschulen momentan für übertrieben, Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) schließt sie bei einem lokalen Corona-Hotspot aber nicht aus. Der Niedersächsische Lehrerverband hingegen hält eine Maskenpflicht im Unterricht für sinnvoll.
Niedersachsen starte nach den Sommerferien an den Schulen einen eingeschränkten Regelbetrieb mit möglichst festen Lerngruppen, sagte Kultusstaatssekretärin Gaby Willamowius am Dienstag (04.08.) in Hannover und hält die von Nordrhein-Westfalen eingeführte Maskenpflicht auch während des Unterrichts an weiterführenden Schulen und Berufsschulen momentan für übertrieben. Angesichts der derzeit niedrigen Infektionszahlen in Niedersachsen sei das Tragen der Mund-Nasen-Bedeckung während der gesamten Unterrichtszeit in einer solchen Lerngruppe nicht verhältnismäßig.
Niedersächsischer Landesschülerrat steht hinter den Plänen
Auch Florian Reetz, Vorsitzender des Landesschülerrats Niedersachsen, sagt im Antenne Niedersachsen-Interview, die Schüler stehen hinter den Plänen des Kultusministeriums, das auf feste Lerngruppen setzt: "Dann müssen wir allerdings auf andere Wege setzen, um Infektionen zu vermeiden. Das heißt, Klassen müssen dauerhaft gelüftet werden, Lehrer halten weiterhin Abstand, da sie im Publikumsverkehr unterwegs sind und die Schülerinnen und Schüler bleiben alle unter sich und haben nur mit dieser Klasse zu tun und haben möglichst keinen Kontakt zu anderen Klassen und Jahrgängen." So sollen laut Reetz große Infektionsherde an Schulen vermieden werden, was er und der Landesschülerrat Niedersachsen als gute Maßnahmen einschätzen.
Probleme sieht er allerdings bei den Jahrgängen der Oberstufen, denn hier besuchen die Schüler verschiedene Kurse mit unterschiedlichen Mitschülern. "Das ist das größte Problem, dass man in der Oberstufe diverse Klassen bzw. Kurse hat und dort nicht auf eine Klasse gesetzt werden kann, die das ganze Schuljahr über zusammen bleibt. Das bedeutet, dass man rein theoretisch Kontakt zu 100 Personen aus einem Jahrgang hat, was in diesem Sinne etwas gefährlich sein kann, weshalb man darauf achten muss, dass diese Jahrgänge noch etwas getrennter von den anderen sind", so Reetz weiter.
Niedersächsische Lehrerverband für Maskenpflicht
Anders sieht das der Niedersächsische Lehrerverband. Er hält eine Maskenpflicht im Unterricht, wie sie in Nordrhein-Westfalen geplant ist, für sinnvoll, wie Torsten Neumann, der Landesvorsitzende des Lehrerverbandes im Antenne Niedersachsen-Interview sagt: "Das Problem bei den Schulöffnungen ist, dass das Abstandsgebot aufgehoben wird. Daraufhin haben wir alle ein Problem und wir können das Abstandsgebot nirgendwo einhalten, schon gar nicht im Klassenraum. Von daher kann ich den Weg, den Nordrhein-Westfalen einschlägt, sehr gut nachvollziehen."
Für Neumann stellt sich auch die Frage, ob Schüler und Lehrer durch die Pläne des Kultusministeriums genügend geschützt sind: "Wir gehen davon aus, dass das Szenario A in Niedersachsen gefahren wird. Das bedeutet der Präsenzunterricht findet statt und alle Schüler sind im Klassenraum. Das Kultusministerium hat gesagt, es will alle zwei Wochen prüfen, wie sich die Zahlen entwickeln. Aber das Bauchgefühl bei vielen Kollegen ist schwierig. Auch bei allem Verständnis für Eltern und vor allem für die Kinder, dass die Schule wieder stattfinden muss: Die Gesundheit geht für alle vor."
Maskenpflicht im Schulunterricht bei lokalem Corona-Hotspot möglich
Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) hält die kommunale Anordnung einer Maskenpflicht im Schulunterricht bei einem lokalen Corona-Hotspot in Niedersachsen für möglich. "Es ist im Rahmen des kommunalen Krisenmanagements durchaus denkbar, dass die Verantwortlichen vor Ort entscheiden, aufgrund der akuten Infektionslage eine Maskenpflicht für einen befristeten Zeitraum vorzusehen", sagte Weil der Deutschen-Presse-Agentur am Mittwoch (05.08.) in Hannover. "Unsere Strategie besteht ja gerade darin, so gut wie möglich auf die Verhältnisse vor Ort einzugehen und nicht zu versuchen, alles über einen Landeskamm zu scheren. Klar ist aber auch, das Land unterstützt vor Ort, trägt am Ende die Verantwortung und hilft den Kommunen."
Erst am Montag (03.08.) hatte NRW-Bildungsministerin Yvonne Gebauer (FDP) angekündigt, dass Schüler an weiterführenden und berufsbildenden Schulen zunächst bis zum 31. August Masken sowohl im Gebäude als auch im Unterricht tragen müssen. Damit gibt das Bundesland in diesem Bereich die strengsten Regeln vor.
(mit Material der dpa)