18. November 2025 – dpa
Welche Stadt wünscht sich in Zeiten klammer Kassen nicht sprudelnde Steuereinnahmen? Wilhelmshaven könnte bereits nächstes Jahr eine hohe Millionensumme zusätzlich einnehmen – eine Rechtsänderung macht es möglich.
Die finanzschwache Stadt Wilhelmshaven kann für 2026 unerwartet mit zusätzlichen Steuereinnahmen in zweistelliger Millionenhöhe rechnen. Möglich werden soll das durch eine geränderte Erhebung der Gewerbesteuer von Offshore-Windparks vor der Küste Niedersachsens. Die Landesregierung plant, dass von kommendem Jahr an Wilhelmshaven die Gewerbesteuer für sämtliche Windparks auf See erheben soll. Eine entsprechende Verordnung ist nun in Abstimmung.
Allein kommendes Jahr sollen sich diese Steuereinnahmen auf rund 110 Millionen Euro belaufen. Ein Großteil dieses Steueraufkommens soll laut der rot-grünen Landesregierung in der Jadestadt bleiben – aber auch andere niedersächsischen Kommunen sollen von der neuen Rechtslage profitieren.
Wilhelmshavens Oberbürgermeister Carsten Feist (parteilos) freut sich über die zusätzlichen Steuereinnahmen. «Das viele Geld, das nach diesen Plänen für Wilhelmshaven abfallen soll, wird allerdings keine neuen Vorhaben in der Stadt ermöglichen», sagt der Rathauschef der Deutschen Presse-Agentur. «Ganz im Gegenteil: Wir benötigen diese Gelder dringend zur Reduzierung der Defizite, die strukturell in unserem Haushalt bestehen.»
Warum es eine Neuregelung gibt
Hintergrund der Änderung ist ein Rechtsstreit um die Einnahmen aus der Gewerbesteuer von «gemeindefreien Gebieten». Das trifft vor allem auf Offshore-Windkraftanlagen in der Deutschen Bucht zu, die zwar zum Land Niedersachsen gehören, aber keiner einzelnen Gemeinde zugeordnet sind.
Bislang hatte das Land über eine Verordnung die Gewerbesteuer für diese Gebiete erhoben und zu einem Großteil für sich eingenommen. Gegen diese Praxis war die Stadt Oldenburg gerichtlich vorgegangen, denn eine Betreibergesellschaft für einen Offshore-Windpark in der Nordsee hat in der Stadt ihren Sitz.
Der Bundesfinanzhof in München entschied im Dezember 2024 zugunsten der Stadt und hob in einem Revisionsverfahren ein vorangegangenes Urteil des Finanzgerichts Niedersachsen auf: Da die Gewerbesteuer eine kommunale Einnahme sei, dürfe ein Bundesland nicht als hebeberechtigte Gemeinde handeln und selbst die Gewerbesteuer erheben, lautete das Urteil. Vielmehr müssen eine oder mehrere Kommunen benannt werden, die die Gewerbesteuer erheben dürfen. Das Land entschied sich nun für Wilhelmshaven.
Die Landesregierung argumentiert: Hätte Niedersachsen verzichtet, eine hebeberechtigte Kommune zu benennen, dann kämen die Kommunen zum Zuge, in denen die Windpark-Betreibergesellschaften ihren Sitz haben. Diese befinden sich laut Finanzministerium überwiegend nicht in Niedersachsen – wo genau ist wegen des Steuergeheimnisses nicht bekannt.
Das historische Rathaus im Stadtzentrum von Wilhelmshaven