03. September 2020 – Lea Biskup
Eine neunköpfige Familie aus Niedersachsen lebt ohne Handy. Für viele unvorstellbar, aber die Eltern Christine und Andreas ziehen es durch. Sie wollen damit vor allem ihre Kinder vor dem ständigen Handy-Konsum und der Mobilfunkstrahlung schützen.
Vor vier Jahren hatte Christine Seeger keine Lust mehr. "Ich habe das Handy einfach weggeschmissen", sagt sie. Sie wollte ein Vorbild für die Kinder sein. Auslöser für diese radikale Entscheidung war die Begegnung mit einem sogenannten Elektrosensiblen. Das sind Menschen, die unter ständigen Kopfschmerzen oder Übelkeit leiden und dafür die hochfrequente Strahlung der Handys oder des WLANs verantwortlich machen.
Auch ihr eigenes Haus in Eldingen nordöstlich von Celle haben die Seegers inzwischen gegen Strahlung abgeschirmt. Mobilfunktelefone sind ebenso tabu wie WLAN. "Wir sind aber keine Technikfeinde" versichert Familienvater Andreas Seeger. Die Familie hat Computer und Laptops zu Hause, die allerdings per LAN-Kabel statt WLAN mit dem Internet verbunden sind. Dahinter steckt die Sorge vor dem neuen Mobilfunkstandard 5G und den Risiken durch elektromagnetische Strahlung.
Laut dem Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) konnte aber bislang in keiner Studie nachgewiesen werde, dass Krebs durch Handystrahlung verursacht werden kann. Kritiker wie Professor Wilfried Kühling warnen dagegen vor "einem Experiment am Menschen". Denn: Langzeitstudien gebe es noch nicht.
Natürlich war es nicht ganz einfach, gerade die älteren Kinder zu überzeugen. Am Anfang gab es da große Auseinandersetzungen. "Inzwischen funktioniert der Alltag aber ganz wunderbar ohne Handy", berichtet Mutter Christine. Verabredungen mit Freunden, der Schulalltag, die Kommunikation innerhalb der Familie – das alles funktioniere auch wunderbar mit dem Festnetztelefon. Hier haben die Kinder auch gelernt, sich in Geduld zu üben und bei der Bewältigung von Alltagsproblemen selbstständiger zu werden. Zusätzlich möchten die Seegers ihre Kinder vor dem "Suchtfaktor Handy" schützen. "Viele Kinder und Erwachsene verbringen viel zu viele Stunden ihres Lebens vor diesem Gerät", sagt Andreas Seeger. Das sei auf keinen Fall gesund.
Christine jedenfalls ist glücklich ohne das Handy im Haus und hofft andere mit der Idee anstecken zu können.
Tipps zum richtigen Umgang mit dem Handy zum Thema Strahlenschutz
Bezüglich der Handystrahlung rät das Bundesamt für Strahlenschutz:
- Achtet auf den SAR-Wert des Handys. Der SAR-Wert gibt an, wie viel Energie der menschliche Körper durch die Mobilfunkstrahlung des Handys aufnimmt. Der SAR-Wert sollt niedrig sein, denn je geringer der SAR-Wert, desto geringer ist auch die Gefahr körperlicher Folgen. Eine Liste mit den SAR-Werten aller gängigen Handy-Modelle gibt es hier.
- Wenn es geht, benutzt immer ein Headset oder die Freisprechanlage zum Telefonieren. Der Abstand zwischen Kopf und Antenne wird so stark vergrößert. Der Kopf ist beim Telefonieren deshalb geringeren Feldern ausgesetzt.
- Verzichtet bei schlechtem Empfang, wie im Auto oder in der Bahn, am Besten auf das Telefonieren. Je schlechter die Verbindung zur nächsten Basisstation ist, desto höher muss die Leistung sein, mit der das Handy sendet und damit steigt die Stärke des hochfrequenten Feldes.
Auch der Mobilfunkkritiker Professor Wilfried Kühling hat Tipps für euch. Er arbeite an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg und ist Vorsitzende Vorsitzender des wissenschaftlichen Beirates beim Bund für Umwelt und Naturschutz
- Das Mobiltelefon nicht auf Nachttisch und damit in Kopfnähe ablegen.
- Auch der WLAN-Router muss nicht über Nacht permanent angeschaltet sein. In den Konfigurationsmenüs vieler Geräte können die Nutzer zum Beispiel das WLAN manuell via Zeitmanagement Nachts abstellen.