24. Oktober 2024 –

In dörflicher Teamarbeit

Ein Dorfgemeinschaftshaus aus Stroh

In Erbsen im Landkreis Göttingen entsteht aktuell ein neues Dorfgemeinschaftshaus. Das Besondere daran: Es besteht mit rund 600 bis 700 kleinen Strohballen und 44 Großballen fast komplett aus Stroh.

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Das neue Dorfgemeinschaftshaus in Erbsen besteht aus 44 Großballen und ca. 600 bis 700 kleinen Ballen. Antenne Niedersachsen-Reporterin Leonie Rother war vor Ort. (Fotos: Antenne Niedersachsen)

"Strohballen auf Strohballen" heißt es aktuell im kleinen Erbsen des Flecken Adelebsen im Landkreis Göttingen. Hier entsteht ein neues Dorfgemeinschaftshaus mit einem großen Gemeinschaftsraum, einer offenen Küche, einem Stauraum und einem separaten Raum für den Jugendtreffs, das komplett barrierefrei sein soll. So weit, so gut, wenn es da nicht noch diesen einen besonderen Clou geben würde: Das Haus wird fast komplett aus Stroh gebaut!

Die Idee für das Haus aus Stroh kam Anna Dienberg, einer der drei Architektinnen, während ihres Studiums an der Kunstuniversität Linz in Österreich. "Da bin ich auf die Bauweise gestoßen und fand es faszinierend, welche Vorteile sie haben kann und was es vielleicht auch für eine Alternative sein kann", erklärt Anna Dienberg. Laut der Planerin eignet sich Stroh als Baumaterial besonders gut, weil es jährlich nachwächst, in vielen Regionen der Welt angebaut werden kann und weil die Strohballen mit ihrer Dicke von ca. 1,2 Metern gut isolieren. Außerdem können die Wände recycelt werden, sollte das Haus nicht mehr gebraucht werden.

Besondere Herausforderungen beim Bau

Aber es gibt auch besondere Herausforderungen beim Bauen mit Stroh, wie Anna Dienberg erzählt: "Vor allem ist man wetterabhängig. Das haben wir auch gemerkt, weil wir eigentlich letztes Jahr im Sommer ernten wollten. Das ging aber nicht, weil es kurz vor der Ernte einfach zu viel geregnet hatte." Dadurch sei die Gefahr zu groß gewesen, dass sich beim zum Bau verwendeten Stroh ein Schimmelpilz hätte bilden können.

Eine weitere Schwierigkeit: Die Strohballen sind offiziell nicht als Bauprodukt anerkannt, genauso wie die Bauweise. Deswegen wurden Sondergenehmigungen und Gutachten benötigt, um das Projekt realisieren zu können. Laut Holger Frase, dem Bürgermeister des Flecken Adelebsen, haben sich die Baubehörden jedoch bemüht, dass das Projekt zeitig starten konnte.

Am Anfang herrschte im Dorf Skepsis gegenüber dem Bauprojekt, erzählt Holger Frase weiter. Vor allem Landwirte hatten Sorge, dass das Stroh Mäuse und Ratten anziehen könne. Diese Ängste konnte das Architektur-Büro allerdings schnell aus dem Weg räumen. Und auch der Brandschutz ist für das Strohhaus kein Problem: Die Kombination aus Putz und dicht gepressten Strohballen sorge für eine hohe Feuerwiderstandsfähigkeit, so die Architektin.

Das Strohhaus entsteht in dörflicher Teamarbeit

Das Dorfgemeinschaftshaus besteht aus 44 Großballen und ca. 600 bis 700 kleinen Ballen. Zusammen mit den Dorfbewohnern konnte das ganze Gebäude in weniger als zwei Wochen gebaut werden. Bereits im Sommer wurde dafür die Vorarbeit geleistet, indem das Fundament hergestellt und das Dach vorbereitet wurden. Anfang Oktober folgte das Richtfest und jetzt geht es in die nächste Phase: Über den Winter wird von innen und außen verputzt, damit weder Wind und Wetter noch Mäuse eine Chance haben. Danach folgen der Innenausbau und die Terrassen für den Außenbereich. Das gesamte Dorfgemeinschaftshaus soll dann im nächsten Sommer fertig sein.

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