23. Juni 2020 –

So wird Fahrradfahren zum Kinderspiel

16 Tipps mit denen eure Kinder im Handumdrehen Fahrradfahren lernen

Wir haben für euch 16 Tipps zusammengestellt, wie eure Kinder noch einfacher Fahrradfahren lernen. Also einfach rauf auf's Rad und los!

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Foto: spass - stock.adobe.com

Starten wir mal mit zwei der wohl wichtigsten Fragen.

Erstens: Wann ist mein Kind im richtigen Alter, um Fahrradfahren zu lernen?

Ein richtiges Alter gibt es nicht. Denn jedes Kind ist in der Entwicklung unterschiedlich. Das merkt ihr schon, wenn das gleichaltrige Nachbarskind super auf Bäume klettern kann, euer Sprössling aber immer runterpurzelt. Ehrgeizige Fahrradfahrer können zum Schulanfang schon fahren, die meisten lernen es während der Grundschuljahre.

Kindergartenkinder sollten noch kein Fahrrad lernen, sondern lieber bei Laufrädern bleiben. Sie sind als Verkehrsteilnehmer schlichtweg überfordert, da sie ihre gesamte Umwelt anders wahrnehmen als Erwachsene. Ihr Blickwinkel, das Richtungshören und das Einschätzen von Entfernungen und Geschwindigkeit sind eingeschränkt, der Gleichgewichtssinn ist noch nicht voll entwickelt und außerdem denken sie (etwas überspitzt gesagt), die ganze Welt würde sich um sie drehen. Dadurch kann es schnell zu Unfällen kommen.

Zweitens: Stützräder ja oder nein?

Auch wenn wir früher mit Stützrädern Fahrradfahren gelernt haben, sind sich Entwicklungsexperten heute einig: Stützräder nein! Denn die Stützräder verhindern, dass die Kinder das eigentlich benötigte Ausbalancieren erlernen. Wenn die Stützräder dann wegkommen, müssen die also zum zweiten Mal Fahrradfahren lernen. Denn mit Stützrädern steht das Rad immer: beim Fahren und beim Stehen. Experten sprechen hier von einer "passiven Haltung", die aufwändig abtrainiert werden muss.

16 Tipps zum Fahrradfahren lernen

  1. Den Grundstein legen
    In vielen Haushalten gibt es heute schon Laufräder, Bobbycars oder Roller. Das ist auch genau richtig. Denn viele später benötigte Fähigkeiten können Kinder hier schon lernen. Und das vereinfacht dann das Fahrradfahren lernen.
  2. Das richtige Fahrrad wählen
    Viele Fahrräder werden über Generationen vererbt oder günstig gebraucht gekauft. Wenn ihr die Wahl habt, entscheidet euch wenn möglich für ein Fahrrad ohne Rücktritt. Denn Kinder sind anfangs noch unsicher, wie sie die Pedale eigentlich benutzen sollen. Wenn das Fahrrad eine Rücktrittbremse hat, kommen sie oft unabsichtlich ins Stocken.

    Und auch, wenn eure Kinder schnell wachsen und Fahrräder teuer sind: wählt kein zu großes Fahrrad. Dadurch erhöht sich die Sturzgefahr und das Lernen dauert länger, da sich Kinder allein schon beim Auf- und Absteigen unsicher fühlen.
  3. Das Fahrrad richtig einstellen
    Sattelhöhe und Lenkerhöhe sollten genau auf das jeweilige Kind abgestimmt sein. Die perfekte Einstellung ist, wenn das Kind auf dem Sattel sitzt und mit den Ballen beider Füße den Boden berühren kann. Wenn Kinder ganz am Anfang sehr unsicher sind, könnt ihr die Höhe weiter verringern, dass beide Füße flach auf dem Boden stehen können. Für den Lenker gilt: die Arme sollten leicht angewinkelt sein, euer Kind sollte weitestgehend aufrecht sitzen können, damit der Rücken geschont wird. Testet am besten beim Kurvenfahren, ob die Bremsgriffe problemlos genutzt werden können. Beide Einstellungen solltet ihr in regelmäßigen Abständen überprüfen.

    Und nicht vergessen: die Reifen sollten immer gut aufgepumpt sein. Sonst wird das Fahren unnötig anstrengend für euren Nachwuchs.
  4. Bremsen vor Fahren
    In vielen Fällen macht es Sinn, die Kinder langsam ans Fahrrad und dessen Funktionen zu gewöhnen. Bevor sie also das erste Mal aufs Rad steigen, lasst sie die Bremse(n) erst beim Schieben ausprobieren. Stellt ihnen kleine Aufgaben: nur die Vorder- oder Hinterradbremse betätigen, beide gleichzeitig, vorsichtiges oder starkes Bremsen oder lasst sie versuchen, das Fahrrad bei angezogener Bremse zu schieben.
  5. Keinen Druck aufbauen
    "Natürlich nicht" sagen die meisten Eltern. Oft wird aber unbewusst Druck aufgebaut. Sätze wie "Sonntag zeigen wir Oma, wie gut du schon Fahrradfahren kannst" oder "am Wochenende fahren wir mit dem Fahrrad in den Zoo" sind zwar gut gemeint, setzen das Kind aber indirekt unter Druck, weil sie dieses Ziel unbedingt erreichen wollen.

    Insgesamt gilt beim Üben die Faustformel: wenn nach rund 15 Minuten gar kein Erfolg zu sehen ist, übt wann anders weiter. Sonst nehmen Konzentration und Lust eures Kindes ab und das Frustrationspotential steigt.
  6. Den richtigen Ort auswählen
    Insgesamt solltet ihr euch einen Ort aussuchen, der verkehrsberuhigt, ohne Huckel, Steigung oder Gefälle und auch ohne große Ablenkungen ist. Die Fußgängerzone vor dem Spielzeugladen ist eher wenig geeignet. Dagegen bieten sich Supermarktparkplätze nach Ladenschluss oder asphaltierte Feldwege, Privatstraßen, Sackgassen, Wendehammer oder Spielstraßen an. Manche Eltern versuchen es aus Angst vor Stürzen auf einer Wiese. Durch den unebenen Untergrund macht es das Fahrradfahren lernen aber nur schwerer.
  7. Die passenden Hilfestellungen geben
    Dagegen, das Kind bei den ersten Fahrversuchen festzuhalten, spricht nichts. Achtet dabei darauf, dass ihr das Kind und nicht das Fahrrad festhaltet. Sonst stabilisiert ihr das Fahrrad automatisch und das Kind muss nicht mehr ausbalancieren. Allgemein solltet ihr immer im Sichtfeld des Kindes bleiben, damit sich euer Nachwuchs nicht immer umdreht, um sich zu versichern, dass ihr noch da seid. Am besten gebt ihr Hilfestellung von vorn, damit euer Kind lernt, beim Radfahren geradeaus zu schauen. Auch wenn ihr dadurch seitlich oder rückwärts laufen müsst.

    Und niemals ohne Vorwarnung loslassen!
  8. Anfahren zum Schluss
    Das Anfahren ist um einiges schwieriger als das Fahren selbst. Deswegen solltet ihr das später einzeln üben. Die Pedale in die richtige Ausgangsposition bringen (quasi auf 11 Uhr, wenn man von links drauf schaut), anschließend im Sattel sitzend mit dem Standbein vom Boden abstoßen und dabei das Pedal herunterdrücken. Für die ersten Versuche könnt ihr auch die Pedale abschrauben, die beim Standbein im Weg ist.
  9. Lieber Anschubsen statt Anschieben
    Stetiges Anschieben gibt euch zwar ein Gefühl von Sicherheit, das Kind fährt allerdings mit einer passiven Haltung. Bei der Vorwärtsbewegung tritt es also meist nicht in die Pedale. Das Anschubsen vermittelt Schwung und animiert eure Lütten, selbst in die Pedale zu treten.
  10. Das Kind ist der Chef
    Auch wenn ihr noch so viel Spaß habt und noch so motiviert seid: den richtigen Zeitpunkt zum Fahrradfahren lernen definiert euer Kind. Auch, wie lange die Trainingseinheiten sind. Sonst sehen sie es als lästige Pflichtaufgabe.
  11. Belohnen, aber richtig
    Belohnungen sind eine tolle Art, zu motivieren. Aber setzen auch unter Druck (siehe Punkt 5). Daher stellt am besten keine Belohnung in Aussicht, sondern belohnt ohne Ankündigung kleine und große Erfolge.
  12. Stürze sind normal
    Für uns Eltern einer der wohl schwierigsten Punkte. Aber euer Kind wird - und sollte sogar - hinfallen. So lernen sie, wie man sich im Falle eines Unfalles verhält. Um das Verletzungsrisiko gering zu halten, achtet auf passende Schutzkleidung (wie Knieschoner) und einen Helm. Auch sollten eure Kinder lieber lange Sachen tragen, so verhindert man meist die fiesen Schürfwunden. Und denkt immer dran: die Fallhöhe ist noch sehr gering, so dass die Kinder sich meist mehr erschrecken, als richtig wehtun.
  13. Einen Parcours bauen
    Wenn ihr einen kleinen Hindernisparcours für eure Kinder baut, lernen sie viel besser, wie Fahrradfahren in der Realität aussieht. Also ein paar Kurven, Hindernisse zum Ausweichen oder auch mal eine kleine Steigung oder ein Hindernis zum Drüberfahren mit einbauen.
  14. Nicht zu früh auf Straße
    Auch wenn euer Kind schon problemlos geradeaus fahren kann, ist es noch nicht für den echten Straßenverkehr bereit. Dazu muss es plötzlich bremsen, ausweichen und klingeln können.
  15. Anfangs Tipps geben
    Wir können Fahrradfahren im Schlaf. Fahranfänger müssen erst lernen, wie alle Aktionen zusammenhängen und wann man was zu tun hat. Also sagt gerade bei den ersten gemeinsamen Fahrten ruhig "Achtung, jetzt klingeln".
  16. Vorbild sein
    Wenn eure Kinder sehen, dass ihr gerne Fahrrad fahrt, wollen sie das sicher auch. So einfach ist das. Auch zum Üben ist es eine gute Idee, ein eigenes Fahrrad mitzubringen, damit ihr eurem Kind auch mal etwas vorführen könnt. So verstehen Kinder schneller, als wenn ihr versucht, Bewegungsabläufe zu erklären.

Na dann: jetzt heißt es ab auf's Fahrrad!

Bis zu einem Alter von acht Jahren müssen Kinder übrigens auf dem Bürgersteig fahren und dürfen noch nicht auf die Straße.

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