14. September 2022 –

Landtagswahl am 9. Oktober

Schulden, Atomkraft, Gendern - Spitzenkandidaten diskutieren vor Wahl

Wo stehen die großen Parteien kurz vor der Landtagswahl in Niedersachsen? In einer Diskussion der Spitzenkandidaten von SPD, CDU, Grünen und FDP werden die Unterschiede sichtbar.

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13.09.2022: Stephan Weil (l-r, SPD), Spitzenkandidat seiner Partei für die anstehende Landtagswahl in Niedersachsen und Ministerpräsident von Niedersachsen, Stefan Birkner (FDP), Spitzenkandidat seiner Partei für die anstehende Landtagswahl in Niedersachsen, Julia Willie Hamburg (Bündnis 90/Die Grünen), Spitzenkandidatin ihrer Partei für die anstehende Landtagswahl in Niedersachsen, und Bernd Althusmann (CDU), Spitzenkandidat seiner Partei für die anstehende Landtagswahl in Niedersachsen und Wirtschaftsminister von Niedersachsen, stehen beim Wahlforum der Hannoverschen Allgemeine Zeitung (HAZ) zusammen., Foto: picture alliance/dpa

Gut einen Monat vor der Landtagswahl in Niedersachsen haben sich die Spitzenkandidaten von SPD, CDU, Grünen und FDP einen Schlagabtausch geliefert. In einer Diskussion der "Hannoverschen Allgemeinen Zeitung" warb Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) am Dienstagabend unter anderem für staatliche Unterstützung für die Wirtschaft. Einige Themen im Überblick.

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Neun Fragen, nix sagen

In unserem Kurzvideo-Format haben wir die Spitzenkandidatinnen und -kandidaten der aussichtsreichsten sechs Parteien für die niedersächsische Landtagswahl eingeladen und ihnen auf den Zahn gefühlt. Unsere Fragen dürfen sie nur mit einer Reaktion "beantworten" - sprechen ist nicht erlaubt!

Schulden

Ministerpräsident Weil erklärte, der Staat müsse in der Energiekrise an der Seite der Bürger, aber auch der Unternehmen stehen, notfalls mit neuen Schulden. "Jedes Unternehmen, das wir retten, zahlt weiter Steuern, Sozialversicherungsbeiträge, Gehälter", sagte Weil. "Es wird für den Staat und auch für das Land viel teurer, die Dinge laufen zu lassen."

Wirtschaftsminister und CDU-Spitzenkandidat Bernd Althusmann schlug vor, ein Hilfsprogramm für die mittelständische Wirtschaft aufzulegen. Angelehnt an die Corona-Überbrückungshilfen sprach er von einer "Energiebrücke", für die aus höheren Steuereinnahmen des Landes rund 130 bis 150 Millionen Euro zur Verfügung stünden. Eine Lockerung der Schuldenbremse lehnte Althusmann ab.

Die Grünen-Spitzenkandidatin Julia Willie Hamburg entgegnete, dass gerade in der Pandemie die Ausnahmen von der Schuldenbremse erfolgreich gewesen seien. Auch FDP-Spitzenkandidat Stefan Birkner zeigte sich überraschend offen für neue Schulden. "Die Schuldenbremse hat Verfassungsrang, aber sie ist kein Dogma", sagte er. Wenn es nötig sei, die Ausnahmeregelungen der Schuldenbremse zur Abwendung einer Krise zu ergreifen, "dann ist das natürlich zu überlegen". Im Bund will Finanzminister Christian Lindner (FDP), dass die Schuldenbremse 2023 nach drei Ausnahmejahren wieder eingehalten wird.

Atomkraft

"Wir können nicht auf 33 Terawattstunden der drei verbliebenen Atomkraftwerke in einer Kriegs- und Krisensituation verzichten», sagte CDU-Kandidat Althusmann. Die Entscheidung von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne), zwei Atomkraftwerke als Reserve bereitzuhalten, statt einen Streckbetrieb der drei verbliebenen AKW zu beschließen, bezeichnete er als "unverantwortlich und völlig falsch".

Auch FDP-Kandidat Birkner sprach sich für eine weitere AKW-Nutzung aus: "Wir müssen jede Kilowattstunde Strom, die wir haben, am Netz behalten. Da geht es nicht um den dauerhaften Wiedereinsteig in die Kernenergie, sondern es geht um die Überwindung dieser Krise."

Spitzenkandidatin Hamburg von den Grünen sagte hingegen, die Nutzung der Atomkraft stelle ein großes Risiko dar, deren Nutzen nicht verhältnismäßig sei. Ministerpräsident Weil verwies mit Blick auf das niedersächsische AKW Lingen darauf, dass dieses Kraftwerk bereits zum 1. November in den Streckbetrieb gehe, Ende Dezember würden die Brennstäbe dort «ausgebrannt» sein.

Corona

Dem weiteren Verlauf der Pandemie blickten die Politiker tendenziell optimistisch entgegen. So sagte Weil, es gebe derzeit keine Pläne für eine Verschärfung der Corona-Regeln. «Wir können das nicht durch den ganzen Winter hindurch versprechen», sagte der SPD-Mann. Ein erneuter Lockdown sei für ihn jedoch nur dann theoretisch vorstellbar, wenn es eine völlig neue Virusvariante gebe.

Auch die übrigen Kandidaten erklärten, sie sähen derzeit keine Grundlage für einen Lockdown. Grünen-Politikerin Hamburg mahnte allerdings, weiter im "Team Vorsicht" zu bleiben. So müssten weiter Testkapazitäten bereitstehen, auch das Masketragen sei ein verhältnismäßig geringer Eingriff für einen besseren Schutz vor dem Virus. Hamburg warnte zudem, dass Personalausfälle aufgrund von Infektionen die Infrastruktur wie Krankenhäuser lahmlegen könnten.

Gendern

Althusmann von der CDU sagte, mit ihm in der Verantwortung werde es in der Landesverwaltung bei der Anrede "Liebe Bürgerinnen und Bürger" bleiben - ohne Gendersternchen, Doppelpunkt oder Binnen-I. "Alles andere ist aus meiner Sicht eine Verrenkung, die auch nicht im Sinne der deutschen Sprache und schon gar nicht der deutschen Verwaltungssprache ist", sagte er.

Auch SPD-Kandidat Weil sagte: "Ich habe mit dem Sternchen auch meine Probleme." Angesichts anderer Herausforderungen in der Gesellschaft habe er aber vor allem die Sorge: "Wenn wir jetzt einen Riesenstreit um diese Frage in der Politik zelebrieren, dann würden viele sich fragen: Haben die eigentlich gerade nichts besseres zu tun?"

Gewählt wird in Niedersachsen am 9. Oktober.

(dpa)

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