17. April 2020 –

Festivals abgesagt

"Hurricane" und "Deichbrand" adé: Aus für Festivals

Keine Zeltpartys in Scheeßel, kein "Deichbrand" in Cuxhaven - und kein Abrocken in Wacken: Die großen Musikfestivals im Norden sind abgesagt. Für Veranstalter wird es ein bitteres Jahr, für Fans ein trauriger Sommer - und bekommen sie ihr Geld zurück?

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Foto: picture alliance/dpa

"Hurricane" in Scheeßel, "Deichbrand" in Cuxhaven, "Mera Luna" in Hildesheim, "Wacken Open Air": alles abgesagt. Wegen der Corona-Krise bleiben Großveranstaltungen bis Ende August verboten und auch im Norden ist der Musikfestival-Sommer dieses Jahr ist zu Ende, bevor er angefangen hat.

"Es schmerzt. Und zwar richtig doll, dabei hatten wir euch doch so ein saftiges Line-Up zusammengeköchelt", schreiben die Macher des "Hurricane" in Scheeßel, wo Ende Juni bis zu 70 000 Menschen Musik hören und feiern wollten. Ans Telefon zu bekommen ist an diesem traurigen Donnerstag dort niemand - die Veranstalter haben alle Hände voll zu tun, die Absage zu organisieren.

Etwa einen Monat später sollte in Cuxhaven das "Deichbrand"-Festival starten - und die Macher an der Küste stehen trotz des wirtschaftlichen Schadens hinter der Entscheidung, alle Großveranstaltungen bis Ende August abzusagen. "Wir unterstützen die Entscheidung von Bund und Ländern voll und ganz und stecken den Kopf nicht in den Sand", schreiben sie im Netz und machen sich damit auch ein bisschen selber Mut.

"Wichtig, Solidarität zu zeigen"

"Für viele Musikfans sind unsere Festivals lang herbeigesehnte Höhepunkte des Jahres, die in dieser noch nie dagewesenen Ausnahmesituation dennoch ganz klein scheinen", sagt Stephan Thanscheidt von FKP Scorpio. "Jetzt ist es wichtig, Solidarität zu zeigen, denn die Gesundheit von uns allen ist das Wichtigste." Der Veranstalter organisiert unter anderem das "Hurricane" und "Southside"-Festival in Baden-Württemberg.

"Für die Festivalbranche in Deutschland entsteht ein Schaden in Milliardenhöhe", sagt der Präsident des Bundesverbands der Konzert- und Veranstaltungswirtschaft, Jens Michow. Zwar könnten die Veranstalter auf Ausfallzahlungen der Versicherungen hoffen, da sie die Absage nicht selbst zu vertreten haben. Doch das decke längst nicht alle Schäden ab.

Für die Veranstalter, die das ganze Jahr mit der Organisation der Festivals beschäftigt sind, könnten die Gewinnausfälle dramatische Folgen haben. "Die Vielfalt des Kulturangebots im Live-Segment würde enorm leiden, wenn Veranstalter Insolvenz beantragen müssen", warnt Michow.

Für die Branche der Mobiltoiletten, die die Festivals versorgt, sind die Absagen indes nicht so dramatisch. Das falle nicht mehr so ins Gewicht, sagt der Sprecher des zuständigen Bundesverbandes der Deutschen Entsorgungs-, Wasser- und Rohstoffwirtschaft. Das Geschäft verlagere sich zur Zeit. So gebe es beispielsweise auf Baustellen angesichts von Corona mehr Bedarf für Handwaschplätze.

Bundesregierung sucht nach Lösung für Veranstalter und Fans

Unterdessen will die Bundesregierung mit Gutscheinen eine Lösung für Veranstalter und Fans anbieten. Die Regelung, die Ende April noch vom Bundestag verabschiedet werden soll, gilt auch für abgesagte Konzerte und andere Kulturveranstaltungen. Die Gutscheine sollen bis Ende 2021 gelten und beim gleichen Veranstalter auch für andere Events eingelöst werden können. Wer dennoch sein Geld zurückhaben möchte, soll sich Anfang 2022 den vollen Wert nicht genutzter Gutscheine auszahlen lassen können.

Auch auch das beschauliche Dorf Wacken in Schleswig-Holstein muss dieses Jahr auf die Invasion Zehntausender Heavy-Metal-Fans verzichten - und damit auch auf ein lukratives Geschäft. "Wir stehen vor einer Situation, wie wir sie in 30 Jahren noch nicht erlebt haben", sagt Festival-Mitbegründer Holger Hübner. Sein Partner Thomas Jensen: "Diese Nachricht trifft uns tief und muss auch von uns erst einmal verarbeitet werden." Das "Wacken Open Air", zu dem 75 000 Metal-Fans aus aller Welt erwartet wurden, sollte Ende Juli starten. "Dann halt 2021! Jetzt heißts einfach nur durchhalten", meint ein Instagram-Nutzer zur Absage des "WOA". Ein anderer schreibt: "Wacken will never die."

(dpa)

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