Die jüdischen Gemeinden in Niedersachsen werden nach den tödlichen Schüssen vor einer Synagoge in Halle stärker bewacht. "Wir werden für die Ermordeten beten", heißt es aus der Gemeinde in Schaumburg. Gibt es Hinweise auf eine veränderte Sicherheitslage in Niedersachsen?
Nach den tödlichen Schüssen vor einer Synagoge in Halle hat die Polizei die Sicherheitsvorkehrungen für jüdische Gemeinden in Niedersachsen verstärkt. "Aktuell gibt es aber keine Hinweise auf eine veränderte Sicherheitslage in Niedersachsen", teilte eine Sprecherin des Innenministeriums in Hannover am Mittwoch mit. Vor dem Hintergrund der aktuell noch laufenden Fahndung in Sachsen-Anhalt seien auch Niedersachsen offene und verdeckte Fahndungsmaßnahmen eingeleitet worden.
Schwer bewaffnete Täter hatten am Mittwoch in Halle an der Saale zwei Menschen erschossen und die Flucht ergriffen. Auch Stunden danach gab die Polizei am Abend noch keine Entwarnung. Die Stadt rief die Menschen überall in Halle dazu auf, zur Sicherheit in Gebäuden zu bleiben.
Örtliche Polizeistellen sensibilisiert
Aus dem Innenministerium in Hannover hieß es, in Niedersachsen seien die örtlichen Polizeidienststellen sensibilisiert worden, um Kontakt mit den Jüdischen Gemeinden aufzunehmen. Außerdem seien Polizisten aus Niedersachsen zur Unterstützung der Einsatzkräfte in Sachsen-Anhalt angefordert worden. Auch ein Polizeihubschrauber aus Niedersachsen sei nach Halle geschickt worden.
Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius (SPD) sagte, noch sei zu wenig bekannt, um die Motive der schrecklichen Tat in Halle bewerten zu können. "Gerade am heutigen Tag des höchsten jüdischen Feiertags Jom Kippur, an dem Versöhnung gefeiert wird, ist dies ein besonders perfider Angriff auf unsere gesamte Gesellschaft", sagte Pistorius. "Auch wenn mir für Niedersachsen aktuell keine konkreten Bedrohungen gegenüber jüdischen Einrichtungen bekannt sind, haben wir unsere Sicherheitsmaßnahmen umgehend nochmals intensiviert."
Angriff am jüdischen Feiertag Jom Kippur
Nach Angaben des Vorsitzenden der Jüdischen Gemeinde zu Halle, Max Privorozki, richtete sich der Angriff der Täter direkt gegen die Synagoge, in der 70 bis 80 Menschen den höchsten jüdischen Feiertag Jom Kippur feierten. "Wir haben über die Kamera unserer Synagoge gesehen, dass ein schwer bewaffneter Täter mit Stahlhelm und Gewehr versucht hat, unsere Türen aufzuschießen", sagte Privorozki. "Aber unsere Türen haben gehalten."
Der Vorsitzende des Landesverbandes der Jüdischen Gemeinden in Niedersachsen, Michael Fürst, sagte in einer ersten Reaktion: "Wir fühlen uns hier von der Polizei gut geschützt. Da sehen wir keine Probleme."
Die jüdische Gemeinde Schaumburg will den höchsten jüdischen Feiertag Jom Kippur trotz des Angriffs in Halle wie geplant begehen. "Fasten wird nicht unterbrochen", sagte die Vorsitzende der Jüdischen Kultusgemeinde im Landkreis Schaumburg, Marina Jalowaja. "Wir werden für die Ermordeten beten."
Niedersachsens CDU-Landeschef Bernd Althusmann twitterte, die Nachrichten aus Halle machten gerade am höchsten jüdischen Feiertag tief betroffen. "Hass und Gewalt gegenüber Menschen anderer Herkunft oder Religion sind aufs Schärfste zu verurteilen", schrieb er.
(dpa)