Ex-Oberbürgermeister auf der Anklagebank: In der Rathausaffäre in Hannover stehen jetzt Ex-OB Schostok und zwei frühere Mitarbeiter vor Gericht. Die Anklage lautet auf schwere Untreue. Wie geht das Verfahren aus?
Hannovers Rathausaffäre wird juristisch aufgearbeitet: Ex-Oberbürgermeister Stefan Schostok steht ab Dienstag (9.00 Uhr) in Hannover vor Gericht. Die Staatsanwaltschaft hatte Ende April Anklagen gegen den 55 Jahre alten SPD-Politiker, seinen damaligen Bürochef Frank Herbert und den suspendierten Kultur- und früheren Personaldezernenten Harald Härke erhoben - wegen schwerer Untreue. Im Verfahren am Landgericht sind bis März 2020 sechs Verhandlungstage angesetzt.
In der Affäre, die vor gut zwei Jahren begann, geht es um rund 64 000 Euro an Zuschlägen, die neben dem angeklagten Bürochef auch der frühere Feuerwehrchef erhalten haben soll. Schostok soll laut Anklage von der Unzulässigkeit der Zulagen erfahren haben, ohne deren Zahlung sofort zu stoppen. Er hält sich für unschuldig, trat aber nach der Anklage vom Amt zurück. Weil er die Zahlungen nach einigen Monaten gestoppt haben soll, sah das Landgericht keinen großen Vermögensverlust, der durch ihn verursacht wurde.
SPD stellt erstmals seit 70 Jahren nicht mehr den Rathauschef Hannovers
Der Ausgang des Prozesses und die möglichen Strafen sind noch vollkommen offen. Die Neuwahl nach Schostoks Rücktritt gewann vor einem Monat der grüne Landtagsabgeordnete Belit Onay. Für die SPD war das ein Desaster. Erstmals seit mehr als 70 Jahren stellt sie nicht mehr den Rathauschef in der Landeshauptstadt.
Die Affäre begann mit dem Versuch von Härke, seiner Lebensgefährtin einen Job im Rathaus zuzuschanzen. Nach dem zunächst erfolglosen Versuch Schostoks, Härke deshalb rauszuwerfen, wurden Informationen über das Gehaltsplus für Schostoks Büroleiter in politischen Kreisen gestreut. Dies könne eine Retourkutsche Härkes sein, vermutete die Stadtverwaltung - und zeigte ihn wegen Geheimnisverrats an. Die Staatsanwaltschaft nahm aber auch die unzulässigen Zuschusszahlungen und die Rolle der drei Angeklagten unter die Lupe.
Disziplinarverfahren gegen Schostok
Nach dem Prozess erwartet Schostok zudem ein Disziplinarverfahren, das das Innenministerium gegen ihn eingeleitet hat. Sein früherer Bürochef war kürzlich mit einer Klage gegen eine Rückzahlungsforderung der Stadt gescheitert. Diese hatte verlangt, dass Herbert das zu viel gezahlte Gehalt zurückzahlen soll. Dezernent Härke wurde von der Stadt suspendiert, seine Klage dagegen scheiterte. Der Ex-Bürochef wurde auf eine andere Stelle versetzt.
(dpa)