16. August 2022 –

Entscheidung

Gericht: Kind darf vorerst als 96-Geschäftsführer weitermachen

96-Mehrheitsgesellschafter Martin Kind darf nach seiner Abberufung durch den Stammverein bis zum Hauptverfahren weiter als Geschäftsführer der Hannover 96 Management GmbH arbeiten. Das entschied das Landgericht Hannover in einem Eilrechtsverfahren am Dienstag.

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07.12.2019: Fußball: 2. Bundesliga, Hannover 96 - Erzgebirge Aue, 16. Spieltag in der HDI-Arena. Martin Kind, Geschäftsführer von Hannover 96, ist vor dem Spiel im Stadion., Foto: picture alliance/dpa

Mehrheitsgesellschafter Martin Kind darf nach seiner Abberufung durch den Stammverein bis zum Hauptverfahren weiter als Geschäftsführer der Hannover 96 Management GmbH arbeiten. Das entschied das Landgericht Hannover in einem Eilrechtsverfahren am Dienstag.

"Dem Verfahrensteller wird gestattet, sein Amt weiter auszuüben", sagte Richter Carsten Peter Schulze. Konkret bedeutet dies, dass die Abberufung bis zum hauptsächlichen Verfahren nicht wirksam ist, so lange beispielsweise der Aufsichtsrat der Management GmbH, der mit je zwei Vertretern der Kapital- und Vereinsseite besetzt ist, keine Abberufung beschließt. Doch der Konflikt ist damit vermutlich nicht beigelegt. Gegen die Entscheidung dürfte der Stammverein Einspruch einlegen.

Der e.V. hatte Kind, der am Dienstag nicht persönlich vor Gericht erschien, überraschend Ende Juli als Geschäftsführer der Hannover 96 Management GmbH abberufen. Der Mutterverein wählte damit die maximale Eskalationsstufe, Kind wehrt sich juristisch dagegen. Dank einer Entscheidung des Landgerichts durfte er als Geschäftsführer bis zum Termin der mündlichen Verhandlung weiter eingeschränkt arbeiten.

Der Richter verdeutlichte die Komplexität der Verhandlung: "Es ist auch für Juristen eine spannende Frage, wie das Ganze hier ausgeht und keinesfalls eindeutig", sagte er auch hinsichtlich weiterer Folgeverfahren. Bei dem Urteil handelt es sich um die vorläufige Regelung vor dem Hauptsacheverfahren, für das es noch keinen konkreten Termin gibt. "Bereits jetzt geht es darum, ob der Abberufungsbeschluss wirksam oder nichtig ist", stellte Schulze jedoch klar. Für die Hauptverhandlung sei bereits eine Klageschrift eingegangen.

Während die einen im Umfeld des Fußball-Zweitligisten die finanziellen Verdienste des 78-jährigen Hörgeräte-Unternehmers Kind für den Verein hervorheben, werfen die anderen ihm eine Distanz zum Fußball und Alleingänge vor. Die Gründe für die Abberufung blieben bislang eher nebulös. Vielmehr scheinen einzelne, kleinere Stellvertreterkonflikte das ohnehin strapazierte Verhältnis aus Sicht des Muttervereins ausgereizt zu haben.

Die Abberufung ist aus Sicht des Stammvereins notwendig geworden, "weil dem Verein anderenfalls ein gravierender Nachteil" drohe, teilte der e.V. zuletzt mit. Kind habe "mehrfach und gravierend gegen Weisungen und vertragliche Vereinbarungen verstoßen", hieß es in einem Brief an die Mitglieder aus der vergangenen Woche. Der Mutterverein wirft der Kapitalseite des Vereins vor, mehrfach gegen den sogenannten Hannover-96-Vertrag und zugleich abgeschlossene Fördervereinbarungen verstoßen zu haben. Eine festgelegte Spende sei gar nicht und weitere Spenden "nicht zum vereinbarten Zeitpunkt gezahlt" worden.

Nach dem Vorwurf des Vertragsverstoßes gegen Kind hatte der Profifußball-Bereich des Vereins die Anschuldigungen des Stammvereins bestritten. "Wir erleben keinen Weisungsverstoß von Herrn Kind, denn tatsächlich tritt der Verein die Bestimmungen des Gesellschaftsvertrags und Hannover-Vertrags mit Füßen", sagte einer der Rechtsanwälte am Dienstag. Die Verteidigung beruft sich darauf, dass Kind nur durch den Aufsichtsrat der Management GmbH hätte abberufen worden können.

Die ganze Auseinandersetzung muss immer im Kontext einer komplizierten Vereinsstruktur eingeordnet werden: Kind ist Mehrheitsgesellschafter der Hannover 96 Sales&Service GmbH&Co. KG, der die Profifußball-KGaA zu 100 Prozent gehören. Da die 50+1-Regel in Deutschland jedoch vorschreibt, dass der Stammverein immer die Stimmenmehrheit in einer ausgegliederten Kapitalgesellschaft besitzen muss, werden die Geschäftsführer der KGaA von der Hannover 96 Management GmbH bestimmt. Sie gehört zu 100 Prozent dem Stammverein.

(dpa)

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