19. August 2024 –

Tausende Touristen im Naturpark

Wandern zur frühen Heideblüte - Waldumbau am Wilseder Berg

Für Touristen wunderschön, für die Natur sehr früh: Die Heide steht in voller Blüte. Gegen die Trockenheit werden am Wilseder Berg reichlich Bäume gepflanzt, um den Wald resistenter zu gestalten.

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08.08.2024: Ein Mann geht durch die Heidelandschaft., Foto: picture alliance/dpa

Naturführer Florian Wunder freut sich über die heftigen Regentropfen bei seiner geführten Wanderung am frühen Augustmorgen zum Wilseder Berg. Einige Gäste sind klitschnass und wenig erfreut, weil die Fotomotive der lila Heideteppiche getrübt sind. Der Waldpädagoge erklärt geduldig, wie wichtig die Nässe für das Naturschutzgebiet ist. «Niederschlag ist Gold wert für den sandigen Heideboden», sagt auch Marius Schröder, Leiter der Revierförsterei Wilsede bei den Niedersächsischen Landesforsten.

Der holprige, etwa drei Kilometer lange Weg von Oberhaverbeck im Heidekreis zur mit 169,2 Metern höchsten Erhebung in der Lüneburger Heide führt an uralten Eichen vorbei. Viele gibt es davon nicht, im Mittelalter holzten die Bauern die meisten ab. «Da stand noch fünf Prozent Wald», erklärt Schröder.

Der karge Boden brauche viel Wasser, könne kaum speichern. Kiefern, einige Fichten und die genügsame Heide wuchsen auf dem verarmten Boden. «Die Bauern waren arm, nach dem Kahlschlag blieb wegen der Hitze oft nur blanker Sand», sagt er.

Um den Wald resistenter in Zeiten des Klimawandels zu machen, wurde seine Försterei schon vor Jahrzehnten zum Mischwald umgebaut. Allein in der vergangenen Pflanzsaison kamen etwa 60.000 Eichen und 40.000 Buchen dazu. Die jungen Bäume brauchen den Regen besonders. Auch bei der Holzernte hat sich viel verändert: So beträgt der Zieldurchmesser etwa für Fichten inzwischen mindestens 45 cm. Gemessen werde etwa in Brusthöhe, erklärt Schröder. Das sei eine klare Abkehr von der früheren Kahlschlagwirtschaft.

Tausende Touristen im Naturpark

Zur Heideblüte im August/September machen sich Tausende Touristen zu Fuß oder per Fahrrad Richtung Wilsede auf. «Wir haben Hochsaison, aber das verteilt sich ganz gut», sagt Schröder. Schäden an den Wegen gebe es kaum. Wanderführer Wunder begleitet seit fünf Jahren Tagestouristen und bietet auch für Gruppen entschleunigte Exkursionen an. «Was kann ich beitragen? Ich versuche die Ruhe rüberzubringen», sagt er und empfiehlt die frühen, fast einsamen Morgenstunden um Wilsede. Ruhig auch einmal barfuß. Immer wieder macht er auf Pflanzen aufmerksam, lädt zum Naschen der wilden Heidelbeeren ein.

Die Blüte erreicht an einigen Orten gerade ihren Höhepunkt, einige Tage früher als zuletzt. «Der viele Niederschlag im Frühjahr kam der Pflanze entgegen», sagt Knut Sierk, Sprecher der Landesforsten. Schwankungen in der Natur seien üblich.

Wichtige Heidschnucken

Die großflächige Besenheide wird von den Heidschnuckenherden und auch Maschinen im autofreien Naturschutzgebiet kleingehalten und gepflegt. Der Verein Naturschutzpark Lüneburger Heide (VNP) kümmert sich darum, die offene Kulturlandschaft zu erhalten. Viele Insekten mögen besonders den Übergang von Wald zu Heide.

Auch wilde Kräuter wachsen überall. «Bei uns ist nichts gespritzt, man kann alles verwenden», beteuert Schröder. Für Marion Putensen von der WaldKräuterey in Amelinghausen ist das Wissen der Bauern über die Heidepflanze - die Calluna vulgaris - von früher wertvoll. Sie wirke antiseptisch, harntreibend und blutreinigend.

«Ich finde es schade, dass die Heide nur auf die Blüte reduziert wird», sagt die zertifizierte Natur- und Landschaftsführerin: «Vom Heideblütenkäse bis hin zum Aufstrich aus der Erika hat die Pflanze kulinarisch viel zu bieten. Und die Bauern nutzten sie als Zipperleinkraut».

In Kochkursen und Seminaren auch im Stimbekhof in Oberhaverbeck erläutert Putensen die Heilpflanzenkunde mit den heimischen Gewächsen. Sie stellt den Sud zum Desinfizieren von Wunden sowie Tee gegen Erkältungskrankheiten und Magen-Darm-Beschwerden selbst her. Mit Ausnahmegenehmigungen kann sie in der Natur sammeln, Wanderer dürfen nicht mehr als ein Sträußchen am Wegesrand pflücken.

(dpa)

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