27. Februar 2025 –

Leipzig

Gericht verhandelt über Gewässerschutz an der Ems

Seit Jahren sind die Nitratwerte im Grundwasser am Flussgebiet der Ems zu hoch. Nun befasst sich das Bundesverwaltungsgericht mit dem Thema - die Entscheidung könnte eine Signalwirkung haben.

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03.05.2022: Kühe stehen auf der Weide eines Milchviehbetriebs. , Foto: picture alliance/dpa

Viel zu hohe Nitratmengen belasten seit Jahren das Grundwasser im Flussgebiet der Ems in Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen. Darüber, wie genau und wie schnell, die Wasserqualität auch zum Schutz von Trinkwasserreserven verbessert werden kann, gibt es Streit zwischen Umweltschützern und den beiden Bundesländern. Deshalb befassen sich heute Richter am Bundesverwaltungsgericht in Leipzig damit.

Die Deutsche Umwelthilfe spricht von einem Präzedenzfall und geht davon aus, dass die Entscheidung Signalwirkung haben könnte. Die Gesetzeslage in der gesamten EU sei eindeutig, der Grenzwert für Nitrat müsse überall eingehalten werden, sagte der Bundesgeschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe (DUH), Sascha Müller-Kraenner, der Deutschen Presse-Agentur. Leider der der Wert entlang der Ems aber oft massiv überschritten - «ohne belastbare Begründung», sagte Müller-Kraenner . Er hofft daher, dass mit Bestätigung des Grundsatzurteils geltendes Recht endlich auch umgesetzt werden muss.

Der Streit dreht sich um die Nitratbelastung im deutschen Teil der sogenannten Flussgebietseinheit Ems - dieses Gebiet reicht von der Quelle in NRW bis zur Mündung des Flusses in die Nordsee in Ostfriesland. Auch Teile der Niederlande zählen dazu. Auf dem Gebiet der Bundesrepublik liegen etwa 70 Prozent der Region in Niedersachsen und 30 Prozent in NRW. Allein zum deutschen Staatsgebiet zählen 40 sogenannte Grundwasserkörper.

Umwelthilfe verlangt ambitionierteren Gewässerschutz

Das Umland der Ems ist stark geprägt durch intensive Tierhaltung und Ackernutzung. An vielen Grundwassermessstellen werden die erlaubten Höchstwerte für Nitrat überschritten, was auf eine intensive Dünungen etwa mit Gülle in den vergangenen Jahrzehnten zurückgeführt wird. Zu viel Nitrat ist gesundheitsschädlich und schränkt die Nutzbarkeit des Grundwassers ein. Damit entsteht langfristig auch für die Trinkwasserversorgung ein Problem.

Nitrate sind Salze der Salpetersäure (HNO3), in der Landwirtschaft werden sie als Mineraldünger oder in Form von Gülle für mehr Pflanzenwachstum verwendet. Wird mehr gedüngt als Pflanzen und Böden aufnehmen können, gelangt überschüssiges Nitrat erst ins Sickerwasser und danach ins Grundwasser. In der Folge kommt es zu einer Nährstoffüberversorgung (Eutrophierung), die Ökosysteme schwer beeinträchtigen kann. Deshalb gilt ein Grenzwert von Nitrat im Grundwasser bei 50 Milligramm pro Liter.

Weil dieser Grenzwert zuletzt vielerorts überschritten wurde, hatte die Deutsche Umwelthilfe in den vergangenen Jahren wiederholt gegen Niedersachsen und NRW geklagt.

Der gute chemische Zustand des Grundwassers, der nach der EU-Wasserrahmenrichtlinie bereits seit 2015 einzuhalten wäre, werde im Flussgebiet Ems aufgrund der hohen Nitratwerte drastisch verfehlt, argumentierten die Umweltschützer. Sie forderten deshalb einen ambitionierteren Gewässerschutz der Bundesländer.

OVG-Urteil: Länder müssen Nitratbelastung an Ems verringern

Das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht (OVG) gab vor rund einem Jahr der Umwelthilfe recht. Die Lüneburger Richter urteilten damals, dass Niedersachsen und NRW bessere Maßnahmen treffen müssen, um die Nitratbelastung im Grundwasser im deutschen Teil des Flussgebiets der Ems zu senken.

Das bisherige Maßnahmenprogramm weise Defizite auf, aufgrund derer die beklagten Länder zur Überarbeitung verpflichtet seien, hieß es zur Begründung. Auch die Richter betonten, der bereits seit 2015 einzuhaltende Nitrat-Schwellenwert werde an zahlreichen Stellen überschritten.

Wegen der grundsätzlichen Bedeutung hatte das Oberverwaltungsgericht eine Revision beim Bundesverwaltungsgericht zugelassen - dazu kommt es jetzt. Das OVG-Urteil ist daher bislang nicht rechtskräftig.

Senkung von Tierbeständen?

Niedersachsen sei zusammen mit Nordrhein-Westfalen in Revision gegen das Lüneburger Urteil gegangen, weil die Problematik zu hoher Nitratwerte an vielen Gewässern in Deutschland bestehe, teilte das Umweltministerium in Hannover auf Anfrage mit. Eine schnelle Senkung insbesondere mit landespolitischen Maßnahmen ist nach Auffassung der beiden Länder nicht möglich.

In einer Antwort des Umweltministeriums auf eine Kleine Anfrage der CDU im Landtag hieß es im vergangenen Jahr, weder im Urteilstenor der OVG-Entscheidung noch in der Begründung seien konkrete Maßnahmen dargestellt worden, mit denen sich nach geltendem Recht zu hohe Nitratgehalte im Grundwasser an einigen Stellen schneller absenken ließen. «Aus Sicht der Landesregierung gehört dies zu den Gründen, die die Einlegung der Revision veranlassten», hieß es in der Antwort der Landesregierung weiter.

Die Deutsche Umwelthilfe und andere Umweltverbände fordern beide Landesregierungen auf, zum Beispiel die Zahl der Nutztiere zu senken, um die Nährstoffüberschüsse im Flussgebiet der Ems in den Griff zubekommen.

Klar ist, dass es wegen der Nitratbelastung grundsätzlich einen Handlungsdruck gibt. Im letzten Nährstoffbericht 2022/2023 der Landesregierung für ganz Niedersachsen, der im vergangenen Frühjahr veröffentlicht wurde, heißt es, es gebe einen «nach wie vor hohen Anteil an Grundwassermessstellen mit Nitratgehalten über 50 Milligramm Nitrat pro Liter sowie weiterhin in allen Landesteilen vorhandene Messstellen mit steigenden Nitratkonzentrationen in wasserwirtschaftlichen bedeutsamen Gebieten (Trinkwassergewinnung)». Die Qualitätsziele der Wasserrahmenrichtlinie könnten so noch nicht flächendeckend erreicht werden, hieß es weiter.

(dpa)

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