18. September 2025 – Carola Heyn

Wusstet ihr...?

10 Fakten über... Augustfehn

Ein Wirt, der Handstand auf dem Tresen macht, eine Spion-Arztgattin und mehr Pizza als in Hannover - was genau es damit auf sich hat und noch weitere interessante Fakten über Augustfehn, erfahrt ihr hier.

Augustfehn.jpg
Ortsschild Augustfehn (Foto: Privat)

Augustfehn ist mit seinen 175 Jahren ein junger Ort in Niedersachsen und doch gleichzeitig die älteste Fehnkolonie im Oldenburger Land. Besonders seine Nähe zu Ostfriesland und das Stahlwerk machen den Ort aus. Mit knapp 3.000 Einwohnern und der ältesten katholischen Kirche des Ammerlands, gibt es über Augustfehn noch weitere spannende Fakten, die ihr hier lesen könnt.

Fakt 1: Handstand gegen Hochprozentiges

Nachdem die ersten Siedler gegen 1840 im heutigen Augustfehn ansässig wurden, wurde für Geschäftsreisende ein Gasthaus errichtet. Nach einigen Verkäufen und Umbenennungen kaufte Alwin Brüggemann Senior das Gebäude 1918 und nannte es "Augustfehner Hof". Im Jahr 1955 übernahm sein Sohn Alwin Brüggemann den Hof. Der Augustfehner Hof war Gaststätte, Disko und Kino zugleich.

Um bei Tanzveranstaltungen die Leute zum Tanzen zu bewegen, hatte Brüggemann eine Idee: Er ließ auf jeden Tisch Tischtelefone stellen, mit denen man ganz leicht den Nachbartisch zum Tanzen auffordern konnte. Aber auch er selbst war sich nicht für Albernheiten zu schade: Gab man ihm einen Drink aus, machte er für seine Gäste einen Handstand auf dem Tresen.

Fakt 2: Willkommen in Ostfriesland - oder auch nicht

Es soll einen Bahnfahrer gegeben haben, der die Gäste ab Augustfehn immer dazu aufgefordert haben soll, ihre Ausweise und Reisepässe bereit zu halten, weil man mit der nächsten Station das Oldenburger Land verlasse und sich dann in Ostfriesland befinde. Hatte man beides nicht dabei, dürfe man laut ihm die Grenze nicht überqueren. Obwohl tatsächlich weder Reisepass noch Personalausweis benötigt wurden, sollen dennoch einige Personen in Augustfehn ausgestiegen sein, weil sie beides nicht dabei hatten.

Fakt 3: Mehr Fahrgäste als Einwohner?

Nicht ganz! Obwohl Augustfehn nur etwa 3.000 Einwohner hat, steigen am Augustfehner Bahnhof täglich mehr Menschen ein, aus und um als man vermuten würde: Jeden Tag betreten etwa 1.000 Menschen den Bahnhof; also theoretisch jeder dritte Augustfehner.

AfehnK.jpg
Der Bahnhof von Augustfehn (Quelle: Privat)

Fakt 4: Die Arztgattin und ihr Spion-Hügel

Der erste Arzt ließ sich 1872 in Augustfehn nieder. Sein Name war Dr. Ernst Friedrich August Röben. Er war auch gleichzeitig der erste Autofahrer mit eigenem Auto in dem kleinen Ort.

Dr. Röben hatte neben verschiedenen kuriosen Gesundheitstipps, wie zum Beispiel bei Augenentzündungen Kanalwasser hineinträufeln, auch eine interessante französische Frau. Auf ihren Wunsch hin wurde um den gemeinsamen Wintergarten eine hohe Sichtschutzmauer gebaut, die sogar bis heute noch teilweise erhalten ist. Was sie allerdings nicht bedachte: Jetzt konnte zwar niemand mehr in den Garten schauen, sie konnte aber auch die Menschen auf der Straße nicht mehr beobachten. Also beauftragte sie ihren Gärtner, einen Wall direkt an der Mauer anzuhäufen, damit sie, versteckt zwischen Sträuchern, das Treiben auf den Straßen beobachten konnte.

Fakt 5: Das Kriegsgeflüchteten-Riesenrad

Bis 2011 war es Tradition, dass beim bekannten Dorffest "Fest der 1000 Laternen" ein liebevoll gestalteter Märchengarten aufgebaut wurde, der seine Anfänge in den frühen 1960er Jahren fand. Teil dieses Märchengartens war auch ein Riesenrad. Dieses wurde damals von Kriegsgeflüchteten aus dem Zweiten Weltkrieg gebaut. Seit 2025 bekommt der Märchengarten wieder einen Platz beim Fest der 1000 Laternen. Erhaltene Märchengarten-Teile werden aktuell restauriert und die ersten Stücke waren bereits 2025 wieder zu sehen.

Fakt 6: Der Widerstandskämpfer-Arzt

Dr. Heinz Niemann war während des Zweiten Weltkriegs nicht nur Arzt, sondern auch Widerstandskämpfer in Augustfehn. Ihm gelang es, Angehörige des 1944 einberufenen Volkssturms daran zu hindern, Panzersperren auf der Straße Richtung des Ortes Holtgast zu errichten. Dadurch rettete er kurz vor Kriegsende wahrscheinlich sehr vielen Augustfehnern das Leben, musste aber selbst dafür fast mit seinem eigenen Leben bezahlen: Er wurde danach in ein Konzentrationslager gebracht und dort zum Tode verurteilt. Aber dank des Einflusses eines Kollegen wurde er nicht umgebracht und kehrte nach Augustfehn zurück.

Noch heute ist der Park seines Anwesens in Augustfehn erhalten geblieben, in welchem auch der älteste Baum Augustfehns steht: eine unter Naturschutz gestellte Rotbuche, die etwa 150 Jahre alt ist; also nur etwa 25 Jahre jünger als der Ort an sich.

historische-orte-gasthof-zur-eisenhuette-05-ortsverein-augustfehn-ndgpdw7jtcpacwh.jpg
TuS Augustfehn nach dem Zweiten Weltkrieg. Dr. Heinz Niemann stehend dritter von links. (Quelle: Ortsverein Augustfehn)

Fakt 7: Pizzafehn

Lust auf Pizza? Dann seid ihr in Augustfehn richtig! Es gibt gleich ganze fünf Pizzerien auf nur knapp 3.000 Einwohner, umgerechnet also eine Pizzeria auf etwa 600 Einwohner. Im Vergleich: Hannover hat für 3.000 Einwohner nicht ganz eine Pizzeria - genau genommen nur 0,79.

Fakt 8: Die Kanalschaufler

Stellt euch vor, ihr müsstet den ganzen Tag im moorigen Boden einen Kanal per Hand graben.... Das war die Lebensrealität der ersten Siedler im heutigen Augustfehn. Bevor Augustfehn besiedelt wurde, bestanden große Teile des Landes überwiegend aus Moor. Die ersten Baumaßnahmen für den Kanal begannen 1841, also noch vor Augustfehns offizieller Namensgebung 1850. Er diente dem damaligen Torfabbau und schaffte auch neue Transportwege des Torfs. Aber auch zur Entwässerung des Landes sollte der Kanal beitragen. Der Kanal wurde allerdings nicht direkt als Ganzes fertiggestellt, sondern es wurde in Abschnitten gearbeitet und Ende 1847 wurden die Bauarbeiten beendet. Und tatsächlich wurde alles in eifriger Handarbeit ausgehoben.

Kanal.jpg
Augustfehner Kanal (Quelle: Privat)

Fakt 9: Augustfehn backt besser

In Augustfehn gibt es einen der besten Bäcker Deutschlands: Die Holzofenbäckerei Ripken. Sie gewann schon verschiedenste Auszeichnungen, unter anderem den zweiten Platz bei der deutschen Bäckereimeisterschaft 2023 in München. Und 2014 belegte sie in der ZDF Sendung "Deutschlands bester Bäcker" den dritten Platz.

Fakt 10: Bierglas statt Applaus

1931 haben Nationalsozialisten zu einer Versammlung in Augustfehn einberufen, zu der KPD- und SPD-Mitglieder gekommen sind. Ein Sprecher der KPD, Herr Seemann aus Bremen, bat die Anwesenden aufzustehen, um ein kürzlich erschossenes Parteimitglied zu ehren. Die Meisten kamen der Bitte auch nach – nur zwei Nationalsozialisten blieben demonstrativ sitzen. Daraufhin wurde ein Bierglas nach den beiden geworfen und eine Prügelei entstand. Zwischenzeitlich waren fremde SA-Leute in Augustfehn eingetroffen, die sich vor dem Gebäude aufhielten, in dem die Versammlung stattfand. Als im Gebäudeinneren der Tumult losbrach, stürmten sie die Verrammlung mit Gewalt. Erst ein extra herbeigerufenes oldenburgisches Überfallkommando konnte die Prügelei stoppen. Viele Versammlungsmitglieder wurden daraufhin sogar ins Krankenhaus gebracht.

Saalschlacht.png
Original Zeitungsartikel vom 20.03.1931 zur damaligen Saalschlacht in Augustfehn. (Quelle: Volksblatt)

undefined
Antenne Niedersachsen
Audiothek